Äußerlich ist die 30-jährige Italienerin Oliva Villa immer perfekt gestylt und auf dem besten Weg in das ideale Vorstadt-Leben, nebst attraktivem Verlobten. Von der Leere in ihrem Inneren ahnt niemand etwas. Als Oliva eine Einladung ihrer exzentrischen Tante Vivienne erhält, die vor 16 Jahren von einem Tag auf den andern aus ihrem Leben verschwand, zögert sie nicht lang und fährt nach Paris. Doch vor der berühmten Buchhandlung »Shakespeare & Company« wartet sie vergeblich auf Vivienne. Immer wieder scheint Oliva ihre Tante in den nächsten Tagen knapp zu verpassen – dafür begegnen ihr Bücher, Gedanken und das Leben selbst mit all seinen Möglichkeiten.
"Das Antiquariat an der Seine" ist eine leichte Lektüre, ideal zum Entspannen an arbeitsreichen Tagen.
Lorenza Gentiles Protagonistin Oliva lernt darin erwachsen zu werden. Also, wenn erwachsen sein bedeutet, selbst entscheiden wo, wie und mit wem man lebt und welchen Beruf man ausüben möchte. Denn Oliva machte bisher einfach alles so wie von ihr erwartet wurde. Aus Bequemlichkeit? Ja, aber auch aus Angst vor ihren Eltern, die Olivas Bruder verloren hatten und Streit mit Olivas Tante hatten und den Kontakt abbrachen.
Ihre Tante Vivienne bedeutete Oliva viel, weswegen sie nun erstaunt ist über deren Nachricht, sofort nach Paris zu kommen. Erstaunlicherweise getraut sich Oliva und macht sich auf die Reise, nur um vor Ort fest zu stellen, dass Vivienne nicht am vereinbarten Treffpunkt erscheint. Stattdessen kümmert sich einer der Angestellten der Buchhandlung "Shakespeare & Company" um sie. Es kommt wie es kommen muss: Vivienne und Oliva verpassen sich auch in den kommenden Tagen und Oliva durchlebt durch ihre unangepassten neuen Freunde einen Sinneswandel.
Man hat diesen Plot schon oft gelesen, jemand wird irgendwo hin bestellt und muss dann warten und suchen. So ist auch dieser Roman aufgebaut. Er hat mir aber besser gefallen als andere ähnliche Romane, doch mir dauerte das Versteckspiel zu lange.
Olivas Imagewechsel konnte ich nachvollziehen, sie ist erst nur Marionette und traut sich - fern ihren Eltern und ihrem Verlobten - selbstständig zu denken und planen, und das Desinfektionsgel in der Tasche stecken zu lassen. Das Ende des Romans fand ich okay, ich hätte mir wohl mehr "Feuer und Flamme" gewünscht, aber es passte zum vorliegenden ruhigen Schreib- und Handlungsstil.
Super begeistert bin ich nicht, weil der Plot halt nicht neu erfunden wurde. Paris taugt immer für "Such- und Entdeckungsspiele", ein schöner Schauplatz. Die Charaktere waren vielschichtig. Insgesamt war mir der Roman aber ein wenig zu ruhig, fast schon ein bisschen melancholisch, erzählt. Es wundert deshalb auch nicht, dass fast alle Liebesgeschichten, die hier drin erzählt, melancholisch geprägt sind.
Gefallen hat mir, dass alle angenommen wurden wie sie sind, zum Beispiel auch der Obdachlose an der Seine mit seiner speziellen Geschichte. Und es ist er, John, an den ich mich auch in Zukunft, wenn ich an diesen Roman denke, erinnern werde. Nicht an Oliva oder Vivienne, sondern an John und vielleicht noch Hillary.
Fazit: Obwohl viel "läuft", ist es ein ruhiger Unterhaltungsroman.
4 Punkte.