Sonntag, 31. Mai 2020

Wo die Sterne tanzen von Katharina Herzog

Klappentext:
Auf der Nordseeinsel Juist hat Musicaltänzerin Nele einst den ersten Kuss von ihrem besten Freund Henry bekommen, und im Deichschlösschen ihrer Oma hat sie viele zauberhafte Sommertage verbracht - bis eine schicksalhafte Nacht alles veränderte. Vor allem zwischen Henry und ihr. Diesen Sommer fährt Nele ein letztes Mal auf die Insel. Oma Lotte ist gestorben, und Nele will nur noch das Haus ausräumen und sich mit ihrer Mutter aussprechen. Doch dann taucht Henry überraschend auf Juist auf. Mit ihm kommen die Erinnerungen zurück, die schmerzhaften, aber auch die schönen, und auf einmal fragt sich Nele: Ist sie wirklich bereit für die Zukunft, wenn ihr Herz noch immer an der Vergangenheit hängt?

Die Leser begleiten Nele, wie sie auf Juist ankommt und erleben mit, wie schwer es ihr fällt, zusammen mit ihrer Mutter das Deichschlösschen, das Haus ihrer Oma Lotte, zu verkaufen. Hier hat Nele nicht nur jeden Sommer in ihrer Kindheit verbracht, sondern auch Menschen gefunden, die sie noch immer in ihrem Leben begleiten.

Während ihrem aktuellen Aufenthalt läuft ihr Leben an ihr vorbei. Wie Sterne leuchten diese Szenen auf, die Kapitel wechseln ab. Im einen Kapitel ist man in der Gegenwart, im nächsten taucht man ab, erlebt mit, wie Nele Henry, Ben, Jens und andere kennenlernte. Diese drei Jungs, die im Laufe der Geschichte zu gestandenen Männern heranwachsen, sind ihre Wegbegleiter - jeder auf seine eigene Art. 

Wenn man Neles Erinnerungen lauscht, pendelt man zwischen Juist und New York hin und her. Ihren Traum, Tänzerin zu werden, hat sich erfüllt. Aber ein anderer wichtiger Traum von ihr, ein Herzenswunsch, wurde jäh zerstört, daran leidet Nele noch heute leise - kaum kommt sie diesem Traum zwischendurch mal wieder näher, wirft sie es kurz darauf Lichtjahre zurück. Und jetzt, kurz vor dem Verkauf von Omas Haus, sieht es aus, als ab sie damit endgültig abschliessen und einen anderen Weg einschlagen muss. 

Mit einer egoistischen Mutter wie Laura und ohne anwesenden Vater findet Nele in Oma Lotte und deren Freundin Emily und anderen Inselbewohnern Familienersatz. Auch als Erwachsene kann sie nicht fassen, dass sich ihre Mutter immer nur für Männer interessierte und nicht für ihre Tochter. Auch Henry, Ben und Jens stecken in schwierigen Familienkonstellationen. Katharina Herzog charakterisiert diese Familien sehr gut, so dass man schnell die Nöte der Figuren versteht und mit den Heranwachsenden mitleidet. 

Jedem Kapitel wird ein Zitat aus einem Musical hervor gestellt. Die Zitate passen jeweils nicht nur gut, sie nehmen die Leser auch mehr zu Neles Träumen mit. Katharine Herzog gibt einem das Gefühl vor Ort zu sein und alles hautnah mitzuerleben. Den Wind spüren, die Sterne funkeln sehen, durch das Zaubergärtchen zu spazieren, den Aufführungen in Gretas Tanzschule beizuwohnen, nachts durch New York zu laufen und vor allem Neles Zerrissenheit zu spüren. 

"Wo die Sterne tanzen" erzählt eine gefühlsvolle Geschichte über Träume, Hoffnungen, Freundschaft und Liebe, an deren Ende ich ein oder zwei Tränen verdrücken musste. Mir hat sehr gut gefallen, dass die Autorin nicht nur die Sonnenseiten des Lebens, sondern auch die Schattenseiten aufzeigt. Dass man, um sein Ziel zu erreichen, auch mal Umwege gehen muss oder dass sich Träume auch auf dem Weg zu deren Erfüllung ändern können, weil man merkt, dass der Traum doch nicht zu einem passt. Es ist eine realistische, stimmige Geschichte, die uns die Autorin hier erzählt. 

Die Printausgabe von diesem Roman erscheint Ende Juli. Das ist die perfekte Zeit, um diese Geschichte zu lesen, denn vieles daraus spielt sich zwar in verschiedenen Jahren, aber sehr oft im August ab. Auch kann man Sternschnuppen am besten im August beobachten, vielleicht sieht man dabei auch mal wie die Sterne am Himmel tanzen. Nach der Lektüre dieses schönen Romans kann man sich das jedenfalls sehr gut vorstellen. 

Fazit: Beim Lesen von "Wo die Sterne tanzen" konnte ich wunderbar in die Geschichte eintauchen und dabei die Zeit vergessen. Es ist der Sommerroman, den man 2020 gelesen haben muss. 
5 Punkte.


Samstag, 30. Mai 2020

Heidesommerträume von Silvia Konnerth

Klappentext:
Nach einem vernichtenden Gespräch mit ihrer Lektorin ist für Autorin Carolin die Lage klar: Sie braucht einen Ortswechsel, um auf neue Ideen zu kommen. Das Romantikhotel ihrer Schwester Lola in der Lüneburger Heide scheint dafür wie geschaffen. Doch anders als erhofft, treibt Carolins Aufenthalt bei der Verwandtschaft sie nicht zu schriftstellerischen Höchstleistungen an, sondern zur Weißglut. Schlimmer noch: Lola taucht aus heiterem Himmel ab! Allein mit deren überfordertem Ehemann, einem ausgebuchten Hotel und einer schier endlosen Aufgabenliste, bleibt Carolin nichts anderes übrig, als selbst das Ruder in die Hand zu nehmen. Und dann ist da noch der eigenwillige Gast Till, der ungewollt Teil ihrer Mission wird – und der sie mehr berührt, als ihr lieb ist!

Silvia Konnerth nimmt uns wieder mit in die Lüneburger Heide. 

Doch noch müssen sich die Leserinnen ein wenig gedulden und erleben erst ausführlich Carolins Schreibflaute mit, die sie seit der Trennung von Lars erlitten hat. Auf den Rat ihrer Freundin Moni hin reist Carolin spontan zu ihrer Schwester Lola. Diese lebt mit ihrem Mann Paul in der Heide, wo sie zusammen ein kleines Hotel führen. 

Als Carolin vor dem Hotel steht, ist sie enttäuscht: der Garten ist vernachlässigt und der Haussegen steht schief. Paul und Lola zoffen sich an, Lola macht einige komische Andeutungen, die Carolin nicht versteht - am nächsten Tag ist Lola weg, sie braucht eine Auszeit. 

Carolin und Paul versuchen den Hotelbetrieb aufrecht zu erhalten. Dazu haben sie Angst vor dem unbekannten Hoteltester, der sich im Hotel aufhalten soll. Da alle denken, ein gewisser Gast sei der Tester, unternehmen sie alles, um diesem Gast den Aufenthalt so nett wie möglich zu gestalten. Der scheint das aber alles gar nicht zu schätzen.

Immerhin hat Carolin gar nicht so viel Zeit, sich deswegen zu grämen, sie hat viele Baustellen offen. Damit sie vom Fleck kommt, braucht sie öfters mal einen Schubs von Moni. Die leidet unter der Entfremdung von ihrer Teenietochter. Lola und Paul blieben mir zu blass, von ihnen bekam ich nicht so viel mit. Von den Hotelgästen dafür teilweise mehr, die da wären: ein missmutiger Ornithologe; eine Patchworkfamilie, die sich noch aneinander gewöhnen muss; das gemütliche und sympathische Ehepaar Doris und Werner, die schon oft zu Gast im Hotel waren; und Porschefahrer Till. Den lernt Carolin bereits auf dem Weg zum Hotel kennen - bald bahnt sich etwas an zwischen ihnen, aber es bleibt kompliziert.

In "Heidesommerträume" geht es um Familiengeheimnisse, Liebeskummer, berufliche Flauten, um Freundschaft und vieles mehr. Die "Autorin in Schreibflaute" ist ein tolles Thema für einen Roman, das gefiel mir sehr. 

Das Hotel ist in meinen Augen aber eher ein B&B. Die Geschichte darum und anderes ging durch die vielen reingepackten Nebengeschichten unter. Langweilig wurde es nie, aber beim Lesen fühlte sich einiges "unrund" an, mir fehlten einige Erklärungen. 

Dennoch hat mich der diesjährige Roman von Silvia Konnerth gut unterhalten. Die Geschichte um Carolin ist eine schöne Lesebegleitung für einen gemütlichen Sonntag auf dem Liegestuhl im Garten. 

Fazit:  Unterhaltender und kurzweiliger Roman.
4 Punkte. 


Donnerstag, 28. Mai 2020

Krimi: Provenzalischer Stolz von Sophie Bonnet (Pierre Durand 7)

Klappentext:
Die Angst geht um in der Camargue. Während Pierre Durand in einem Hausboot durch das Rhônedelta fährt, um über seine berufliche Zukunft nachzudenken, verbreitet sich ein Kettenbrief mit einer Weissagung, die den Tod dreier Sünder ankündigt. Tatsächlich wird kurz darauf ein Toter mit geschwärztem Gesicht aufgefunden. Es handelt sich um einen Kriminalbeamten, der verdeckt im Milieu der »gens du voyage« ermittelt hatte. Doch es gibt einen Zeugen, der sich an Bord von Pierres Hausboot versteckt und behauptet, sein Gedächtnis verloren zu haben. Der Präfekt bittet den ehemaligen Dorfpolizisten um Unterstützung. Mit Hilfe einer »gitane« versucht Pierre, dem Geheimnis der Kettenbriefe auf die Spur zu kommen. Alles deutet auf einen Konflikt zwischen den Kulturen hin, doch ein weiterer Mord rückt die Verbrechen in ein neues Licht. Pierre erkennt, dass er auf seine Intuition vertrauen muss, um zu verhindern, dass sich auch noch der letzte Teil der Prophezeiung erfüllt.


Den unsympathischen neuen Bürgermeister Marechal haben wir ja schon im sechsten Band kennengelernt. Dieser hat Pierre Durand nun suspendiert - ungerechtfertigt wie alle wissen. 

Pierre denkt, es sei allen seinen Freunden egal. Das zieht ihn ziemlich runter. Ein Streit mit Charlotte verbessert seine Laune nicht, der Krach der Rodungsarbeiten erst recht nicht. Ein Kettenbrief mit religiösen "Verschwörungstheorien", der in Sainte Valérie herum geht, nervt ihn auch. Deshalb ist Pierre froh, ein Hausboot von Saint Giles nach Bézières überführen zu können. 

Es wäre recht idyllisch auf dem Boot, wenn nur der blinde Passagier nicht wäre, der sich auf dem Boot versteckt. Pierre merkt schnell, dass der "Gast" etwas von dem Mord, der am Vorabend in der Gegend verübt wurde, mitbekommen hat. Statt Ruhe auf dem Hausboot zu haben, ist Pierre Durand mitten in einem Fall angekommen und offiziell im Polizeiteam dabei. Der Mord könnte sogar mit dem Kettenbrief zu tun haben, einiges weist darauf hin.

Bei seinen Ermittlungen taucht Pierre ein in das Leben von tiefgläubigen, freikirchlichen Gitanos. Ein spannendes Thema, das mir von meinen Flamenco-Zeiten bekannt ist, über das man aber kaum etwas lesen kann. Daher finde ich es toll, dass sich Sophie Bonnet an das Thema herangewagt und es in einen fesselnden Krimi gepackt hat. 

Bewundernswert wie die Autorin immer wieder regionale Themen aufspürt und sie für ihre Krimis verwendet. Das gibt der Serie einen noch grösseren regionalen Bezug, mehr Lokalkolorit, als "nur" mit gutem französischem Essen oder die Beschreibungen der jeweils typischen Landschaft.

Diese gibt es natürlich auch in "Provenzalischer Stolz". Durch den Ortswechsel erlebt man die Schönheit der Camargue hautnah mit und man bekommt Lust, dort selbst ein Hausboot zu steuern. Nur auf den blinden Passagier könnte man verzichten! 

Während Pierre sich auf seinen neuen Fall, weit ab von Sainte Valérie, einlässt, geht Gisèle, die Sekretärin des Bürgermeisters, einigen Ungereimtheiten, die ihr mit der Suspendierung von Pierre aufgefallen sind, nach. Der Krimi erweist sich somit doppelt spannend!

Fazit: Ein fesselnder siebter Band für Pierre Durand, der durch ein besonderes Thema hervorsticht und ein tolles Lesevergnügen bietet. 
5 Punkte.


Krimi: Provenzalische Verwicklungen von Sophie Bonnet (Pierre Durand 1)

Klappentext:
Sainte-Valérie, ein idyllisches Dorf in der Provence inmitten von Weinbergen und Olivenhainen. Der ehemalige Pariser Kommissar Pierre Durand würde den Spätsommer in seiner Wahlheimat geniessen, wenn ihn nicht gerade seine Freundin verlassen hätte. Doch auch mit der Ruhe ist es plötzlich vorbei: Der Dorfcasanova wird ermordet in einem Weintank aufgefunden - daran geheftet ein Rezept für Coq au vin. War es ein makabrer Racheakt eines gehörnten Ehemanns? Die Dorfbewohner halten fest zusammen. Und schon bald ahnt Pierre, dass sich hinter der schönen Fassade Sainte-Valéries ganze Abgründe auftun. 


Als erstes ist mir das Cover aufgefallen. Die beiden Häuser mit dem angedeuteten Platz sehen einladend aus. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies ein Teil eines Dorfplatz darstellen könnte; in dem einen Haus das Polizeirevier und auf der gegenüberliegenden Seite ein Dorfcafé. 

Egal ob im Liegestuhl am Strand, an der Sonne auf Balkonien oder im kalten Winter auf der Couch - das Cover lässt einem an mediterranes Klima und Lebensgefühl denken: man fühlt sich wohl und entspannt.


Und genau so liest sich Sophie Bonnet's erster Kriminalroman auch. Die Autorin benutzt für diese Reihe ein Pseudonym. Sie schrieb bisher unter ihrem Namen Heike Koschyk historische Romane, die mir jedoch unbekannt sind. 


Ihr Ermittler, der Commissaire municipale Pierre Durand, hat sich von Paris in die Provence versetzen lassen. Durand lebt sich schnell ein und ihm gefällt es in Sainte-Valérie. Er sucht aber noch nach dem perfekten Haus und begegnet bei seiner Suche der Ziege Cosima. Ich denke, die wird in nachfolgenden Bänden sicherlich noch oft vorkommen - Kommissar mit Ziege :-) 


Um Durands Affäre, seine ehemalige Mitarbeiterin Celestine, zurück zu gewinnen besucht er einen Kochkurs bei Charlotte. Sie ist Köchin auf dem neuen Hotelanwesen. Auf diesem geschieht ein Mord (der an "Grand Cru" von Martin Walker erinnert) und so wie es aussieht könnte Charlotte irgendwie beteiligt sein, denn auch bei weiteren Morden wird jeweils ein Rezept von ihr bei den Toten gefunden. 

Die Idee des "Rezept-an-Ermordete-heften" gefällt mir sehr gut und passt auch gut zu Frankreich. Aber auch Makler Farid wird verdächtigt, v.a. von Durand Assistent Luc, obwohl Durand von Farids Unschuld überzeugt ist. Wer da wohl richtig liegt?


Fazit: Obwohl dieser Krimi der "Ruhigste" der drei Neuen ist - der Fall bleibt immer spannend und wird auch nicht so schnell und einfach aufgelöst. Auch hier freue ich mich auf Lese-Nachschub!  
4 Punkte. 


Erstveröffentlichung dieser Rezension am 22.04.2014 auf diesem Blog. 

Dienstag, 26. Mai 2020

Der Dünensommer von Sylvia Lott

Klappentext:
Norderney 1959. Ulla führt ein scheinbar sorgloses Leben. Sie ist jung und gutaussehend, mit einem wohlhabenden Hamburger Verleger verheiratet und verbringt die Sommermonate im schicken Nordseeheilbad. Doch ihr Aufenthalt dort hat einen ernsten Hintergrund: nach drei Jahren Ehe sind Ulla und ihr Mann noch immer kinderlos, das maritime Klima soll Ullas Gesundheit stärken. Fernab vom stickigen Hamburg flaniert sie auf der Strandpromenade, badet, feiert und genießt das ungewöhnlich heiße Wetter. Man spricht von einem Jahrhundertsommer, und alle spielen ein bisschen verrückt. Ulla lernt den mittellosen jungen Fotografen Hans kennen, der so anders ist als ihr Gatte. Bald entstehen zarte Gefühle zwischen den beiden und als das Ende des Sommers näher rückt, muss Ulla eine schwierige Entscheidung treffen.


Wer kennt nicht Brian Adams "Summer of '69"? 

So ähnlich wie im Song, nur im "Summer of '59", verbringt Ulla ihren vielleicht schönsten, sicher aber erlebnisreichsten Sommer - auf Norderney. Ulla und Inge erleben ihren ganz persönlichen Jahrhundertsommer, der 1959 extrem heiss war und nur schon deshalb diesen Namen bekam. 

Als junge Verlegergattin steht Ulla unter dem Druck einen Erben zu gebären. Ihre Schwiegermutter Agathe, die mit ihnen in der Familien-Villa wohnt, erinnert Ulla jeden Tag daran. Ihr Mann Will lässt sie nicht mehr im Verlag arbeiten und so kommt Ulla sich nutzlos und unzulänglich vor. Bis ihr eine Kur in empfohlen wird.

So reist sie mit ihrer Freundin Inge auf Norderney. Ulla logiert im Hotel, kurt morgens und arbeitet nachmittags an einer Broschüre über das Seebad mit, bei dem sie mit dem Fotograf Hans zusammen arbeitet. Bei ihrer gemeinsamen Arbeiten lernen die Leser viel über Norderneys Geschichte kennen.

Inge hingegen lebt bei ihren beiden Tanten und arbeitet den Sommer über in deren Handarbeitsladen. Inge erweitert das Angebot und verkauft immer erfolgreicher Badekleider und Bikinis. Tammo und Felix, zwei ganz unterschiedliche Männer verlieben sich in Ullas Freundin. Nur weiss Inge nicht, wem von beidem sie ihr Herz schenken soll. 

Viele Jahre später verbringt Ullas Enkelin Kim einige Tage auf Norderney. Bei einer Veranstaltung entdeckt sie Fotos, die sie an ein Foto, das ihrer Oma gehörte, erinnert. Sie spricht Julian, den Enkel des Fotografen darauf an. Julian wird sofort neugierig, als Kim ihm die Aufnahme schildert. Die nächsten Nachmittage sind ab sofort reserviert, denn Inge lebt noch immer auf Norderney und erzählt den beiden von den Geschehnissen damals. Durch Inges Erinnerungen erfahren auch die Leser von diesen legendären Sommermonaten.

Lust auf Urlaub macht das Setting auf der ostfriesischen Insel. Sylvia Lotts Beschreibungen vom Meer, dem Watt, dem grünen Leuchten und den Dünen lassen die Leser zum Träumen verleiten - und zum Planen eines Norderney-Urlaubs. Was die von Hans und Ulla gestaltete Broschüre im September 1959 für die Insulaner und ihre Besucher war, ist dieser Roman für die deutschsprachigen Leser. "Der Dünensommer" liest sich wie eine Ode an die Insel Norderney und müsste zur Pflichtlektüre für alle Norderney-Besucher werden. 

Gut gewählt fand ich die Platzierung der Charaktere. Durch Inge ist man den Insulanern und Hotelangestellten nahe, durch Ulla den illustren, sich oft mehrbesser-fühlenden Hotelgästen. Die Rolle der Frau zu jener Zeit ist durch die beiden Freundinnen ebenfalls gut charakterisiert. Einerseits die selbstständig Erwerbende, andererseits "die Frau von", die zu präsentieren und nicht zu arbeiten hat. Auch spürt man die baldige, kurz bevorstehende, in den 60ern aufkommende sexuelle Revolution, die hier ganz fein bei Einzelnen in Erscheinung tritt. 

Dieser neue Roman von Sylvia Lott lässt alte Zeiten aufleben, weckt Erinnerungen, gibt den Insulaner wie auch den Besuchern ein Gesicht, deckt Heuchlereien mit einem Augenzwinkern auf und erzählt dabei eine schöne Liebesgeschichte. 

Die mich, zugegeben nicht nur ein bisschen, an "Die Brücken am Fluss" erinnert. Wer jenes Buch oder den Film mag, ist mit diesem Roman, quasi der deutschen Version davon, sehr gut beraten. "Der Dünensommer" gehört einfach in jedes "Summer of 2020"-Gepäck.

Fazit: Eine in einen Roman verpackte Liebeserklärung an Norderney - sehr schön zu lesen!
5 Punkte. 


Samstag, 23. Mai 2020

Das Leuchten eines Sommers von Karen Swan

Klappentext:
Nur noch eine Woche, dann will Charlotte Fairfax ihren Verlobten Stephen heiraten. Doch zuvor soll sie im Auftrag einer Londoner Bank noch rasch nach Madrid fliegen und einen Erbschaftsstreit regeln: Der Multimillionär Carlos Mendoza liegt im Sterben und will sein gesamtes Vermögen einer fremden jungen Frau vermachen – zum Entsetzen seiner Familie. Die Angelegenheit erweist sich als deutlich komplizierter, als Charlotte angenommen hat. Schon bald stößt sie auf eine tragische Liebesgeschichte, die bis in die 1930er-Jahre zurückreicht. Und auch ihr eigenes Leben wird in diesem Sommer in Madrid gehörig auf den Kopf gestellt.


"Das Leuchten eines Sommers" leuchtet leider nicht sehr. Den Titel finde ich unglücklich gewählt, er ist mir zu heiter für den tragischen Inhalt, der in zwei sich abwechselnden Teilen erzählt wird.

Im Gegenwartsteil leuchtet vor allem das Geld. Karen Swan fährt hier wieder einmal die Reichtumsschiene aus. Matteo Mendoza hat Angst um das Geld seines Vaters - das will er einer unbekannten Frau schenken. Charlotte soll im Auftrag der Bank diese Frau aufspüren und herausfinden, in welcher Beziehung sie zum alten Mendoza stand und mit ihr über Geld reden. 

Als Reichtumsberater in berät Charlotte neureiche Menschen - sie ist Wealth Counseller und denkt, die Frau könnte mit soviel Geld überfordert sein, obwohl sie es aber unbedingt wolle. Charlotte, Matteo und die Bank werfen der noch unbekannten Frau vor, Millionärin zu werden. Ohne sie zu kennen oder überhaupt zu wissen, weshalb der alte Mendoza ihr das Geld schenken möchte. Seitenweise Vorurteile, bis Charlotte eine Woche vor ihrer Hochzeit nach Madrid reist und Marina kennenlernt. 

Wie schon in anderen Romanen von Karen Swan ist Charlotte eine dieser Protagonistinnen, die eine reiche Karrierefrau und dazu ständig überarbeitet ist - ihr weiches Herz lernen die Leserinnen erst später kennen. Die Geschichte von Charlotte allerdings auch. Mich konnte sie leider nicht begeistern. 

Der Vergangenheitsteil gefiel mir besser, hier streifen nach 1932 zwei Kinder, Nene und Santi, durch die Felder Andalusiens. Doch er ist ein Campesino, der Sohn von Landarbeitern und sie die Tochter des berühmten Stierzüchters dieser Gegend. Ihr Vater beutet Arbeiter aus, der Bürgerkrieg steht kurz bevor.  

Unterstützt durch den Historiker Nathan, der Charlotte vom Studium her nur zu gut kennt, gehen die beiden der Geschichte um Marina nach. Die zwei Erzählstränge haben auf eine diffuse Art Parallelen, Nathan war der Aussenseiter, Charlotte gehörte der reichen Clique an, die ihr Leben im Luxus lebt.

Doch was da in den beiden Teilen alles passiert, ist ziemlich verwirrend geschildert. Den Vergangenheitsteil fand ich ein wenig interessanter, aber auch hier gibt es viele nebulöse Szenen. Da dieser Teil mehr Platz einnimmt, passt der Originaltitel "The Spanish Promise" (Das spanische Versprechen) viel besser zu dem Roman, der im Bürgerkrieg herumstochert. Schade, dass der Originaltitel nicht übernommen wurde. Die Story rund um Charlotte weist zwar auch tragische Szenen auf, ist aber enorm oberflächlich gehalten.

Fazit: Das Leuchten dieser Geschichte wird durch Wolken der Verwirrnis, zu vielen Geheimnissen und Andeutungen und nichtssagenden Figuren verschleiert.
3 Punkte. 


Dienstag, 19. Mai 2020

Das kleine Hotel auf Island von Julie Caplin (Romantic Escapes 4)

Klappentext:
Lucys Leben gleicht einer Sackgasse: kein Job, keine Wohnung und ein verlogener Ex. Deshalb ergreift sie ohne zu zögern die Chance, für eine befristete Stelle als Hotelmanagerin nach Island zu ziehen. Doch das idyllische Hygge-Hotel birgt unerwartete Probleme: Schafe im Whirlpool, technische Schwierigkeiten und vermeintliche Fabelwesen, die ihr Unwesen treiben, halten Lucy ordentlich auf Trab. Und dann ist da auch noch Alex, der schottische Barmann mit den dunklen Augen, der Lucys Herz schneller schlagen lässt. Doch ist Alex, wer er zu sein vorgibt?



Auch im vierten Band der Romantic Escapes-Serie (die man unabhängig voneinander lesen kann) treffen wir auf Bekannte aus den Vorgänger-Bänden. Zum Beispiel (und nur kurz) auf Jane und Peter, ehemalige Teilnehmer am Backkurs in der kleinen Bäckerei in Paris, und (ganz lang) auf Alex, Sebastians Freund. 

Hier auf Island soll Alex inkognito in der Northern Lights Lodge arbeiten und schauen, ob die Lodge läuft oder nicht. Alex Chef und Stiefvater Quentin will die Lodge kaufen, aber weiss, dass es in letzter Zeit schlechte Kritiken gab. Deshalb schickt er Alex hin, der ihm berichten soll. 

Lucy sucht dringend einen neuen Job und übernimmt die freie Stelle als Hotelmanagerin - dafür reist sie sogar nach Island. Vorerst für zwei Monate, vielleicht auch länger, wenn sie punkten kann. Doch Lucy weiss nicht, dass die Lodge verkauft werden soll, auch nicht, dass Alex nicht nur Barmann ist. Alex ist häufig zur Stelle und macht viel mehr, als nur hinter der Bar zu stehen und ab und zu zu kellnern. Lucy kommt es komisch vor, ist aber froh auf Alex zählen zu können und hinterfragt nicht weiter. Denn es gibt viel zu tun, ihre Vorgänger waren schlechte Chefs. 

Nicht nur in der Organisation gibt es Probleme, denn immer öfters verschwinden Dinge, gehen kaputt oder Mails kommen nicht an. Daran soll das Elfenvolk Schuld sein, doch weder Lucy noch Alex glauben daran. Als wär das alles nicht genug, taucht auch noch eine Filmcrew auf, die nicht nur die Polarlichter filmen wollen, sondern auch die Hotelangestellten während der Arbeit. Dies passt weder Lucy noch den anderen - gemeinsam versuchen sie die Crew abzulenken. 

Die zwei Monate vergehen nur zu schnell für Lucy, sie möchte am liebsten gar nicht mehr weg, sie ist begeistert von Island, immer mehr von der Lodge - und auch von Alex...

In der Lodge würde ich gerne Urlaub machen. Julie Caplin erzählt von heissen Quellen, Gletschern, Schneefall, von Hygge und bringt viel Gefühl darin unter.

Eigentlich wäre "Das kleine Hotel auf Island" ein Kandidat für 5 Punkte. Dass aber Lucys Geheimnis in die Richtung "Riesendrama um nichts" (oder zumindest um nicht viel) geht und die Unverfrorenheit der Filmcrew überall zu filmen (hier hätte Lucy durchgreifen müssen), wie auch der Umstand, dass einige Figuren plötzlich nicht mehr erwähnt werden, sobald sie ihre Schuldigkeit taten, trübten mein Lesevergnügen ein wenig.

Die Geschichte ist sonst nämlich witzig und romantisch. Beides zugleich, humorvoll und auch was fürs Herz, aber auch spannend und nicht ganz so voraussehbar, wie man vielleicht auf den ersten Blick denken könnte.

Die Figuren wuchsen mir ans Herz und ich würde mich freuen, wenn ich dem einen oder anderen aus der Northern Lights Lodge-Island-Clique in einem der weiteren Romane der Serie wieder begegnen würde. 

Fazit: Hyggeliger Lesespass! 
4 Punkte. 


Sonntag, 17. Mai 2020

Küsse im Aprikosenhain von Persephone Haasis

Klappentext:
Nathalie ist fassungslos, als ihr Freund sich per Postkarte von ihr trennt. Wütend reist sie ihm nach Frankreich hinterher, um ihn zur Rede zu stellen. Doch nach einer Autopanne landet sie stattdessen auf einem idyllischen Hof in der Provence. Sofort ist sie fasziniert vom herrlichen Kräutergarten, den schönen Aprikosenhainen – und dem mürrischen, aber attraktiven Hofbesitzer Felix. Als Nathalie erfährt, dass der Hof finanzielle Probleme hat, hat sie eine Idee: Sie beginnt mithilfe des Kräuterbuchs von Felix' Großmutter, himmlische Cremes und duftende Öle aus Aprikosen und Kräutern herzustellen. Aber kann sie damit auch Felix' Herz gewinnen?


Persephone Haasis nimmt uns in ihrem zweiten Roman mit in die Provence. Auf einen Aprikosenhof, der nicht mehr so gute Ernten hervor bringt wie früher. Der Besitzer Felix wohnt mit seiner Schwester Camille und seinem Grossvater Henni auf dem Hof - Nathalie, die Protagonistin dieses Romans, bald auch.


Eigentlich wollte Nathalie an die Küste, um ihrem Freund die Meinung zu sagen, aber nach einer Autopanne sucht sie sich in der hübschen Ortschaft in der Provence eine Unterkunft, die sie bei den Legrands findet. Da es wohl noch länger dauert bis ihr Auto repariert ist, hilft Nathalie auf dem Hof mit. Nicht nur um sich die Zeit zu vertreiben, nein, weil es ihr hier so gut gefällt und sie endlich gärtnern kann. Nathalie liebt die Gegend, die Landschaft, den Hof und bald wohl auch Felix, obwohl er recht zurückhaltend ist. Bis es zu "Küsse im Aprikosenhain" kommt, dauert es, doch bis dahin hat Nathalie ihr Herz schon längst an den Aprikosenhof und seinen Besitzer verloren.

Der Roman kommt mit wenigen Figuren aus. Einige Dorfbewohner und natürlich die Hof-Familie plus Nathalie. Nathalie mochte ich, eine aufgestellte junge Frau. Sie ist viel spontaner, als sie von sich denkt. Ihr Herz ist am rechten Fleck, das zeigt sie bereits, als sie Gustave adoptiert. Grossvater Henni mag Nathalie sofort, sie erinnert ihn an seine verstorbene Frau Adeline. Felix ist misstrauisch, glaubt nicht an die Liebe. Nicht nur weil seine letzte Beziehung nicht lange hielt, sondern auch weil seine Mutter die Familie verlassen hat. Seither traut er seinen Gefühlen nicht mehr, hat Angst sich auf sie einzulassen. Seine Schwester Camille ist sehr nett. Sie ist die Seele des Hofes, bleibt aber im Hintergrund. Ich könnte mir gut einen zweiten Roman vorstellen, in dem Camille Protagonistin ist, denn über ihr Leben erfährt man leider sehr wenig.

So einen zweiten Roman über den Aprikosenhain wäre auch sonst wirklich toll, dann könnten wir Leserinnen noch mehr Zeit vor Ort geniessen. Denn beim Lesen der Geschichte war ich voll und ganz in der Provence, fühlte mich, als ob ich ein weiteres Zimmer auf dem Hof gemietet hätte, mit den Figuren zusammen am Frühstückstisch auf der Veranda sitze bei Croissant und Café du lait und alles live mitbekomme.

Mich konnte die Autorin hauptsächlich durch die atmosphärischen Schilderungen der Aprikosenhaine und Gärten ködern. Dass Nathalie sich dann auch an Naturkosmetik rühren versuchte, gefiel mir natürlich auch, denn ich rühre meine Kosmetik und siede Seifen schon seit vielen Jahren selbst. Die Beschreibungen der Arbeitsschritte sind vereinfacht wieder gegeben, für Laien gut verständlich. Ich hoffe, dass Persephone Haasis damit vielen Leserinnen Lust macht, es auch mal selbst auszuprobieren.

Doch es wird nicht nur Kosmetik gerührt, sondern auch in Kochtöpfen, so dass man Lust bekommt, viele Aprikosengerichte zu kochen oder backen. Ideal, dass gerade die Aprikosensaison beginnt!

"Küsse im Aprikosenhain" ist ein romantischer Roman, der uns nicht nur in die Provence, in Gärten und an den Herd mitnimmt, nein, er ist auf seine Art auch ein Hinweis darauf, dass man mit wenig glücklich sein kann, der ein Hoch auf die kleinen und natürlichen Dinge des Lebens widerspiegelt.

Fazit: Aprikosen, Lavendel, blühende Wiesen - ein schöner Wohlfühlroman, bei dem man seine Seele baumeln lassen kann. 
5 Punkte. 

Freitag, 15. Mai 2020

Grace und die Anmut der Liebe von Sophie Benedict (MFzKuL 13)

Klappentext:
1947: Gegen den Willen ihrer Eltern zieht die erst siebzehnjährige Grace nach New York, um zur Schauspielschule zu gehen. Sie taucht ein in das schillernde Leben Manhattans und muss hart darum kämpfen, eine gute Schauspielerin zu werden. Gegen den Widerstand der mächtigen Männer der Filmbranche und trotz der gesellschaftlichen Erwartung an die junge Frau, sich zu fügen, gelingt es Grace, sich treu zu bleiben und dennoch eine Legende der Leinwand zu werden. In der Liebe indes scheitert sie immer wieder – bis sie Rainier begegnet, dem Fürsten von Monaco.



Ich weiss noch, wie ich als Fast-Teenager berührt war vom Unfalltod der Fürstin von Monte Carlo, der damals durch die Tageszeitungen ging und in Zeitschriften breitgetreten wurde. Gracia Patricia Grimaldi, die elegante Fürstin, die früher Schauspielerin war, so las man. 

Als ich älter wurde und "Über den Dächern von Nizza" mit ihr und Cary Grant guckt, wusste ich wieder, wieso die Fürstin so rüber kam. 


Anmutig und höflich, aber sehr zurückhaltend, so wird sie auch in der Romanbiografie von Sophie Benedict dargestellt. 


Grace Kelly hatte einen grossen Traum - sie wollte Schauspielerin werden. Das Talent besass sie, der Wille zur harten Arbeit auch. Doch ihre Eltern wollen davon nichts wissen. Das Kind soll heiraten, aber bloss nicht Schauspielerin werden. Der Roman zeigt somit auch das Leben einer jungen Frau, die sich immer um die Anerkennung ihrer Eltern bemühte. Einmal ein "gut gespielt" wäre schon ein Kompliment gewesen, doch kein gutes Wort kam über die Lippen der Eltern. Auch mit der Männerwahl waren sie nicht zufrieden. Erst als Grace Fürst Rainier heiraten wollte, kam das Einverständnis. 


Die Begegnung mit Rainier erlebt man im Roman leider erst am Schluss. Aber auch diese Etappe in Grace Leben wird, wie der Rest des Buches, sehr nüchtern und kurz erzählt. Der Roman wirkt mehr wie eine etwas längere Biografie, ein wenig so wie die früheren Reclam-Biografien zu berühmten Künstlern. 


Die Leser erleben in "Grace und die Anmut der Liebe" Grace Ausbildung zur Schauspielerin, ihre Filmproduktionen inklusive ihren Männerbeziehungen und Affären mit. Gefühle werden nur sparsam erwähnt. Die Leidenschaft der Protagonistin für ihren Beruf und ihre Liebschaften spürte ich nicht, die für den Beruf noch eher.


Auch wenn ich mir von diesem Roman mehr Emotionen und Wärme gewünscht hätte, passt die nüchterne Berichterstattung der Autorin aber doch irgendwie, denn Grace wirkt - laut Sophie Benedict - ausserhalb ihren Rollen genau so distanziert und beherrscht.

Dennoch passt dieser Band nicht so wirklich zu den anderen Büchern der Reihe der "Mutige(n) Frauen zwischen Kunst und Liebe", weil hier die Leidenschaft und die Emotionen eindeutig fehlen. 


Fazit: Was bleibt, ist eine sachlich beschriebene Romanbiografie - interessant, aber emotionslos.
3.5 Punkte. 



Reihenfolge der "Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe"-Serie:
Band 1: Madame Picasso von Anne Girard - Eva Gouel
Band 2: Die Tochter des Malers von Gloria Goldreich - Ida Chagall
Fiktionaler Zwischenband: Rendezvous im Café de Flore von Caroline Bernard
Band 3: Die Tänzerin von Paris von Annabel Abbs  - Lucia Joyce
Band 4: Die Malerin von Mary Basson - Gabriele Münter
Band 5: Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe von Michelle Marly - Coco Chanel
Band 6: Die Muse von Wien von Caroline Bernard - Alma Mahler
Band 7: Die Dame in Gold von Caroline Trierweiler - Adele Bloch-Bauer 
Band 8: Marlene und die Suche nach Liebe von C.W. Gortner - Marlene Dietrich 
Band 9: Madame Piaf und das Lied der Liebe von Michelle Marly - Edith Piaf
Band 10: Die Malerin des Nordlichts von Lena Johannson - Signe Munch
Band 11: Frida Kahlo und die Farben des Lebens von Caroline Bernard - Frida Kahlo
Band 12: Die Diva von Michelle Marly - Maria Callas
Band 13: Grace und die Anmut der Liebe von Sophie Benedict - Grace Kelly
Band 14: Die Tochter des Zauberes von Heidi Rehn - Erika Mann
Band 15: Miss Guggenheim von Leah Hayden - Peggy Guggenheim

Donnerstag, 14. Mai 2020

Im Garten deiner Sehnsucht von Viola Shipman

Klappentext:
Als die Chemieingenieurin Abby Peterson für eine neue Stelle nach Grand Haven an den Michigansee zieht, hofft sie, dass ihre kleine Familie hier ihr Glück findet. Nebenan wohnt ihre Vermieterin, die sie persönlich noch nicht kennengelernt haben. Iris Maynard lebt seit Jahrzehnten abgeschottet hinter einem turmhohen Zaun, der ihr Haus und ihr Grundstück umgibt. Nachdem sie ihren Mann im Krieg verlor, hat sie sich von der Welt zurückgezogen und lebt nur noch für ihre Pflanzen – und die Erinnerungen an ihre eigene Familie. Der Duft der Taglilien und Rosen, die Iris selbst züchtet, zieht Abby und ihre kleine Tochter magisch an. Vereint durch ihre Liebe zu Gärten, vertrauen sich Iris und Abby allmählich ihre Probleme an und lernen, dass Hoffnungen und Träume ebenso blühen können wie Blumen.

Von der ersten Seite an nimmt die Geschichte gefangen. Iris, die im Prolog als blumenliebende aufgestellte junge Frau dargestellt wird, wird viele Jahre später die Vermieterin von Abby. Was den Leser interessiert: wie wurde aus der aufgestellten jungen Iris von 1944 eine, hinter einem hohen Zaun, zurückgezogen lebende alte Frau im Jahr 2003?

Abby arbeitet als Ingenieurin und versucht ihre Sicht der Dinge, sprich die Farbbezeichnungen von Schiffsfarben an die Frau zu bringen - doch ihr neuer Chef glaubt nicht an Abbys Idee. Ihr Mann Cory leidet, seit er als Soldat aus dem Irakkrieg zurück ist, an posttraumatischen Belastungsstörungen. Das Leben mit ihm ist nicht sehr einfach, Abby und Lily leiden darunter.

Abbys siebenjährige Tochter Lily findet bald einen Zugang zu Iris, bei Abby dauert es länger. Aber auch Cory erregt die Aufmerksamkeit der menschenscheuen Iris. Er erinnert sie sehr an den Mann ihrer früheren Freundin. Doch erstaunlicherweise scheint gerade Iris zu Cory durchzudringen.

Iris lebt seit Jahrzehnten in ihrem Schneckenloch, einem umzäunten Haus mit wunderschönem Garten. Sie muss sich bald eingestehen, dass sie mit ihren neuen Nachbarn viel gemeinsam hat: die Neugierde von Lily, die sie so sehr an ihre Tochter Mary erinnert; sich wie Abby beruflich in einer Männerdomäne behaupten zu müssen; und das Trauma von Cory. Iris lebt für und mit ihrem Garten, er gibt ihr Trost, Erinnerungen und Heimat.


Der Autor zeichnet lebendige Charakter, die man so leicht und schnell nicht vergisst. Beide Frauen erleiden ähnliches, zu verschiedenen Zeiten. Scheinbar hat sich nicht viel in den letzten 60 Jahren in den Köpfen der Menschen geändert. Diese Parallelen berühren. Aber auch die Verbindung von Iris mit Cory ist etwas Besonderes, die man auf den ersten Seiten so nicht geahnt hätte. 


Viola Shipman hat in ihrem neuen Roman ein für Amerikaner wichtiges Thema aufgenommen: Kriegswitwen und die Traumas der aus den diversen Kriegen zurückgekehrten Soldaten. Für viele amerikanische Frauen ist diese Szenerie Realität. Viola Shipman gibt ihnen in diesem Roman eine Stimme und erzählt eine extrem emotionale Geschichte.

Beim Lesen von "Im Garten deiner Sehnsucht" riecht man die Blumen und die feuchte Erde, hört das Meer rauschen und spürt die innere Zerrissenheit der Figuren. Trotz brisantem Thema ist es eine wunderbar hoffnungsvolle Geschichte, die garantiert nicht nur Blumenfans begeistern wird. 

Fazit: Ein wunderbares Lesevergnügen mit viel Wärme und Liebe - und mit Nastüächlialarm.

5 Punkte. 

Dienstag, 12. Mai 2020

Krimi: Mission Blindgänger von Sophie Hénaff (Kommando Abstellgleis 3)

Klappentext:
»Ruhe bitte, es wird gemordet!« Die sympathische Chaostruppe der Pariser Polizei feiert ihr Comeback an einem Filmset – wie immer angeführt von Commissaire Anne Capestan, die ihre Elternzeit unterbricht, um einer Kollegin zur Hilfe zu eilen: Capitaine Eva Rosière, nebenberufliche Drehbuchautorin, steht unter Verdacht, den Regisseur ermordet zu haben. Es ist nicht zu leugnen, Eva hatte geschworen ihn zu töten … Doch fast jeder am Drehort hätte ein Mordmotiv. Das Spiel kann beginnen: Mit Windeln und Schnuller gerüstet, machen sich Anne Capestan und ihr Kommando Abstellgleis an die Ermittlungsarbeit – Baby Joséphine stets mit dabei.


Einige Zeit ist seit dem zweiten Band vergangen - reell sind es drei Jahre und in der fiktiven Geschichte wohl etwa zwei Jahre. Anne Capestan ist inzwischen Mutter einer 16 Monate alten Tochter, ihr Partner noch einige Wochen im Gefängnis - sie ist quasi alleinerziehend und voll auf die kleine Josephine fixiert. 

Mit ihrem Team hat Anne nach wie vor Kontakt. Eva Rosière hatte Erfolg mit ihren Büchern, eins davon soll aktuell verfilmt werden. Eva ist als Drehbuchautorin bei den Dreharbeiten dabei und nervt sich über den Regisseur, der lieber seine Version abdrehen möchte. Doch dann wird er erstochen aufgefunden. Zeit für das Kommando Abstellgleis.

Die Filmcrew ist mindestens so schräg wie die Brigade. Dieser Umstand macht es schwierig, in den Krimi rein zu finden. Es ist ein hohes Tempo, das Sophie Hénaff vorlegt, aber schwer zu folgen. Auch dann, als die schrägen Vögel das Set übernehmen. 

Die Autorin hat den Faden aus den ersten beiden Bänden - Evas Bücher - aufgenommen und daraus einen dritten Teil gebastelt, der zwar dem Team als solches Ehre erweist, aber leider nur in der Filmproduktion. Krimitechnisch ist die Story extrem einfach gestrickt und haut mich nicht vom Hocker. 

Es sind viel zu viele Figuren eingewoben. Die Brigade ist schon besetzt mit aussergewöhnlichen Charakteren, da braucht es nicht noch mehr spezielle Figuren, die sich in der Story tümmeln. Es wirkt alles sehr chaotisch. 

Und auch Anne ist nicht bei der Sache. Sie, die eigentliche Chefin, wirkt sehr fahrig und abgelenkt. Erst als sie ihr Kleinkind mal für einige Stunden abgeben kann und vorher acht Stunden durchgeschlafen hat, ist sie fit. Sie knipst dann schnell mit dem Finger und zack, der Fall ist gelöst. Als ob sie ein Superwoman-Kostüm angezogen hätte und sich einmal im Kreis dreht und sich wie Wickie den Finger an der Nase reibt. Unglaublich unglaubhaft. 

Nachdem ich von "Kommando Abstellgleis" und "Das Revier der schrägen Vögel" total begeistert war und ich mich sehr auf diese neue Fortsetzung freute, umso enttäuschter bin ich nun. "Mission Blindgänger" blieb weit unter meinen Erwartungen nach den genialen ersten zwei Bänden. 

Fazit: Mehr Komödie als Krimi - langweiliges Chaos von A bis Z. 
3 Punkte.


Reihenfolge:
Band 3: Mission Blindgänger 

Sonntag, 10. Mai 2020

Krimi: Schwarzer August von Gil Ribeiro (Lost in Fuseta 4)

Klappentext:
Es ist Hochsommer in Fuseta, dem kleinen Fischerort an der Algarve. Nach dem erfolgreichen Schlag gegen einen spanischen Drogenboss ist Soraia Rosado endlich zu Leander in die Villa Elias gezogen. Die beiden genießen ihre Zweisamkeit, die sternenklaren Sommernächte bei einem Glas Vinho Verde am Pool und lernen, was es bedeutet, wenn Aspie und Normalo zusammenleben. Doch die sommerliche Idylle wird jäh gestört, als im Hinterland eine Autobombe explodiert und eine Filiale der Crédito Agrícola in die Luft jagt. Der Spanier im Team, Miguel Duarte, ist überzeugt: Nun ist der islamistische Terror auch in Portugal angekommen. Doch warum explodieren zwei Tage später drei Thunfisch-Trawler im Hafen von Olhão? Und was hat es mit den 40.000 US-Dollar einer Immobilienmaklerin aus Vale de Lobo auf sich, die bei der Explosion der Bankfiliale in die Landschaft flatterten? Graciana Rosado, Carlos Esteves und Leander Lost stehen vor einem Rätsel. Wer ist der raffiniert vorgehende Bombenleger, der mit verschlüsselten Bekennerschreiben Katz und Maus mit ihnen spielt? Zug um Zug kommen sie mit portugiesischer Menschenkenntnis und Leanders Kombinationsgabe dem Täter und seinen Motiven auf die Spur. Und Leander muss sich entscheiden, wie viel sein Leben im Vergleich zu dem eines Kollegen wert ist.


Eine Autoexplosion vor eine Bankfiliale an einem Sonntagmorgen erschüttert die Algarve. Graciana und Co. stehen vor einem Rätsel, bis ein Bekennerschreiben auftaucht. Doch dieses gibt nur noch mehr Rätsel auf. Der Täter scheint theoretisch ein Weltverbesserer zu sein, doch weshalb greift er plötzlich zu solchen zerstörerischen Methoden, die bald auch Menschen verletzen?

Miguel Duerte musste im dritten Band einige Niederlagen hinnehmen, hier in "Schwarzer August" kann er sich als Bombenentschärfer betätigen, aber sein verdienter Ruhm lässt wohl weiterhin auf sich warten. Weshalb er so extrem auf Anerkennung aus ist, lässt sich mit seiner Kindheit als Sohn eines Toreros erklären, wovon einige seiner Erinnerungen immer mal wieder durch die Seiten blitzen. Das macht ihn nicht sympathischer, aber man versteht besser, wieso er so ist wie er ist. 

Auch Leander Lost ist wie er ist - er übt sich nun neu im Lügen, bzw. im ungenau antworten, so dass er zwar die Wahrheit sagt, aber eben doch nicht die ganze Wahrheit. Es ist schön zu sehen, wie er sich in allem weiter entwickelt. Auch in der Beziehung, denn Leander und Soraia geniessen ihre Zweisamkeit, wann immer sie können. So könnte es vielleicht bald heissen "at home in Fuseta". Wer weiss. 

Graciana verliert sich derweil in ihren Gefühlen, während Carlos seine Gefühle preisgibt und trotzdem der ruhende Pool des Ermittlerteams bleibt. 

Die Charaktere wurden in jedem der bisher erschienenen Bände nochmals vorgestellt, so auch hier im vierten Fall. Leider sind diese Personenbeschreibungen für allfällige Neuleser aber viel zu ausführlich geraten, treue Leser finden solche Wiederholungen nervig und unnötig. 

Das Team schweisst in "Schwarzer August" noch mehr zusammen, was sehr schön zu lesen ist. Der Fall an sich ist nicht schlecht, hat aber ein, zwei Mängel, auf die ich aufgrund Spoilergefahr nicht eingehen kann. Insgesamt ist dieser vierte Teil aber sicher nicht langweilig, spannend vor allem auf den letzten 60 Seiten.

Fazit: Auch der vierte Band unterhält die Leser bestens. 
4 Punkte. 


Reihenfolge:
Band 3: Weisse Fracht

Krimi: Weisse Fracht von Gil Ribeiro (Leander Lost in Fuseta 3)

Klappentext:
Ende Juli. An der Algarve herrscht brütende Hitze, nicht nur die streunenden Katzen Fusetas meiden jegliche Aktivität, als plötzlich zwei Morde, deren Opfer auch auf den zweiten Blick nicht miteinander in Verbindung zu stehen scheinen, dem Team um Leander Lost Rätsel aufgeben. Bis im benachbarten Spanien ein ehemaliger Drogenboss aus dem Gefängnis entlassen wird. ... Kann es tatsächlich sein, dass sie ihn liebt? Ihn? Einen mit Asperger-Syndrom? Der Kuss von Soraia Rosado am Flughafen von Faro hat Leander Lost, den Hamburger Kommissar in Diensten der portugiesischen Polícia Judiciária, in große Verwirrung gestürzt – und die Tipps in Sachen Liebe, mit denen ihn sein Kollege Carlos Esteves versorgt, sind nicht unbedingt hilfreich. Doch dann wird in Fuseta die Leiche des deutschen Aussteigers Uwe Ronneberg gefunden, und Leander Lost mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Denn überraschend tauchen zwei seiner Kollegen aus Hamburg auf – Amtshilfe ersuchen. Im nah gelegenen Tavira ereignet sich ein weiterer Mord, Opfer ist die Lehrerin Leia Alves. Und über allem schwebt als Damoklesschwert die drohende Rückkehr Losts nach Deutschland. 

Ein Mord an einem deutschen Auswanderer erschüttert Fuseta. Der Tote wohnte seit vielen Jahren in Fuseta, war unauffällig und ein guter Schreiner - und er ist der Bruder von Leander Losts ehemaligem Vorgesetzten in Deutschland. Sein Mord weist Ähnlichkeiten auf mit einigen ungeklärten Todesfällen in Spanien. Doch es bleibt nicht bei dem einen Mord und die Ermittler müssen sich beeilen, denn die Morde weisen ins Drogenmilieu, bald wird wieder eine "weisse Fracht" erwartet, aber es könnten noch weitere Menschen sterben.

Privat gibt es ein grosses Missverständnis zwischen Soraia und Leander, doch Graciano und Carlos können es gerade noch rechtzeitig auflösen. Miguel Duerte läuft erneut wie ein eitler Gockel durch den Fall, was ihm langsam aber sicher zum Verhängnis wird. Zwei ehemalige deutsche Teamkollegen von Leander, die wegen dem Mordes an dem deutschen Ronneberg für einige Tage an die Algarve geschickt werden, machen sich sehr unbeliebt - Carlos, Graciana und Cristina zeigen den beiden eindrücklich, was sie mit Leander verloren haben.

"Weisse Fracht" ist ein sehr spannender Fall, der durch den Besuch der deutschen Kommissare zwar humorvoll wird, aber leider auch zu viele Klischees zu Portugiesen und Deutschen enthält. Ebenso wurde es mit den vielen Wiederholungen der Makro-Mikro-Expressionen-Erklärungen übertrieben.

Leander wird zu einem unverzichtbaren Teil des Teams, alle schätzen seine Begabungen, die oft wertvolle Hinweise zum Lösen der Fälle mit sich bringt. Aber sie mögen ihn auch menschlich und wollen, dass er bei ihnen an der Algarve bleibt.

Auch dieser dritte Fall weist wieder viel Lokalkolorit auf, so dass man als Leser gerne auch mal zu Besuch bei Mama Rosada wäre und mit Gracianas Familie und Nachbarn abends zusammen auf der Gasse sitzt und sich durch Rosadas  Köstlichkeiten hindurch probiert.

Fazit: Kurzweiliger und fesselnder dritter Band, in dem Leander Lost und seine Eigenheiten die Herzen der Leser erneut erobert. 
4 Punkte.


Reihenfolge:
Band 1: Lost in Fuseta
Band 3: Weisse Fracht