Donnerstag, 30. April 2020

Mein Lesemonat und Monatsrückblick April 2020

April, April - der macht was er will. Nur wir machen nicht mehr was wir wollen, sondern was die Regierung sagt und sind nun seit sieben Wochen als ganze Familie zuhause im Home Office. Selbst die zwei Wochen Schul-Frühlingsferien nach Ostern brachten keine Abwechslung. Die fand ich in Büchern - ich reiste beim Lesen nach Barcelona, Paris, Seattle, nach England, Deutschland und Frankreich. Ganz nach dem Motto dieser Karte: 



Die geplante Reise nach Portugal und einige Tagesausflüge fielen weg, das war schon ein wenig speziell. Ich vermisste weniger die Ausflüge, mehr das Reisen mit dem Zug, denn da lese ich immer gerne und oft. So hab ich, neben dem abendlichen Lesen auf dem Sofa oder im Bett, manchmal bei sehr schönem Wetter auch mal Nachmittags auf dem Balkon die Sonne genossen und dabei gelesen. Und zwar folgende 16 Bücher:
(Titel anklicken und ihr kommt zur entsprechenden Rezension)

3 Punkte:
- Mord in Barcelona von Isabella Esteban (Comisssari Soler 1) 
- Das Grab im Médoc von Maria Dries (Pauline Castelot 1) 
- Liebe mit Meerblick von Debbie Macomber 

4 Punkte:
- Glücklicher als gedacht von Antoine Laurain 
- Schottensterben von Gordon Tyrie (Ein Hebriden-Krimi 1)  
- Jahre des Aufbaus von Brigitte Riebe 
(Die Schwestern vom Ku’damm 1) 
- Wunderbare Zeiten von Brigitte Riebe 
(Die Schwestern vom Ku’damm 2) 
- Tage der Hoffnung von Brigitte Riebe 
(Die Schwestern vom Ku’damm 3) 
- Whisky mit Schuss von Melinda Mullet (Abigail Logan 3) 

5 Punkte
- Kirschkuchen am Meer von Anne Barns 
- Sommerzauber in Paris von Sarah Morgan 
- Die Tote in der Sommerfrische von Elsa Dix (Seebad-Krimi 1)
- Die Liebe kennt den Weg zurück von Jana Lukas (Die Mühlenschwestern 1)
- Tödliche Auszeit von Su Turhan (Band 7) 
- Caféglück am Meer von Debbie Johnson (The Comfort Food Café 6)  

Bei den drei enttäuschenden 3-Punkte-Bücher waren zwei Auftakt-Krimis dabei, bei denen es noch sehr viel Luft nach oben gibt. Besonders schade fand ich das bei "Das Grab im Médoc", da ich die Autorin schon von den "Kommissar Lagarde"-Fällen kenne und mir diese Reihe gut gefallen hat. Debbie Macomber hat mich auch enttäuscht, ich spüre die Schmetterlinge im Bauch der Protagonisten nicht mehr. 

Anne Barns, Sarah Morgan, Jana Lukas und Debbie Johnson "lieferten" wie praktisch immer toll ab, überrascht hat mich der Auftakts-Krimi "Die Tote in der Sommerfrische" von Elsa Dix. Da freu ich mich auf Nachfolgebände! Die 4-Punkte-Bücher haben mich gut unterhalten. Ja, das war ein zufriedener Lese-Monat! 

Mein SuB ist nicht mehr gleich gross wie Ende März, aber nicht weil ich einige Bücher vom Stapel befreit hätte, nein, weil es einige Neuzugänge gab. Ich hab mir zwei Italien-Krimis gekauft, einen bekommen, mir auch den ersten Teil der Riviera-Serie, "Der Traum vom Meer" von Julia Kröhn gekauft sowie "Das Glück ist lavendelblau" von Pauline Mai, dazu habe ich mir auch drei Titel aus der Onleihe ausgeliehen. Alle sind noch ungelesen. Habt ihr die genannten Romane bereits gelesen? 




Corona hat auch Auswirkungen auf einige Neuerscheinungen. Einige Titel wurden in den Herbst verschoben, andere auf den Juni, dafür deren eBooks vorgezogen, so dass sie im April oder Mai bereits erhältlich sind. Das hat meine provisorische Leseliste ein wenig durcheinander gebracht. Welche Neuzugänge mich für und im Mai erreichten, welche frisch erscheinen, das alles werde ich euch in den nächsten Tagen in einem Extra-Beitrag zeigen.




Aktuell lese ich gerade noch "Orangenträume" von Manuela Inusa, heute Abend ist TV gucken angesagt, deshalb werde ich meinen Ausflug nach Kalifornien erst morgen beenden - bisher gefällt es mir gut. Bei uns in der Schweiz sind die Läden ja nach wie vor geschlossen, erst Mitte Mai wird der Besuch in Buchhandlungen wieder möglich sein, deshalb ist das bevorstehende lange Wochenende (morgen Freitag ist bei uns Feiertag) eigentlich mehr ein Tag wie jeder andere. Geht es euch auch so wie mir, dass ihr oft nicht mehr wisst, welcher Tag gerade ist?



Mittwoch, 29. April 2020

Liebe mit Meerblick von Debbie Macomber

Klappentext:
Elliott Bay, 2018: Nach einer hässlichen Scheidung vor 20 Jahren hat Jenna die Doppelbelastung als alleinerziehende Mutter und Vollzeit-Krankenschwester bravourös gemeistert. Nachdem ihre Kinder nun aus dem Haus sind, müsste das Leben eigentlich nochmal richtig für sie losgehen, doch irgendwie kann sie sich noch nicht über ihre neugewonnene Unabhängigkeit freuen. Erst als sie Dr. Rowan kennenlernt, einen gutaussehenden, schweigsamen Arzt, lässt sie sich nach und nach aus der selbst gewählten Einsamkeit locken. Während eines wunderschönen Sommers voller unbeschwerter Stunden im weichen Sand und mit Blick aufs glitzernde Meer begreift sie, dass es die vielzitierte zweite Chance wirklich gibt. 

Die beiden Freundinnen Jenna und Maureen wollten nach dem College nach Paris - alles war bereits fertig geplant, doch Maureen wurde schwanger und heiratete. Bald darauf trat auch Jenna in den Hafen der Ehe ein, die ebenso wie die von Maureen nicht lange hielt. 

Über 20 Jahre später freut sich Jenna: endlich ist sie nach all den Jahren, in denen sie ihre Kinder gross zog, alleine zuhause. Ihre jüngste Tochter Allie besucht nun das College und wohnt auf dem Campus. Jenna will ihre neue Freiheit geniessen. Zuerst möchte sie mit Maureen die Paris-Reise nachholen, vielleicht klappt es ja jetzt - und ausserdem sind beide langsam wieder bereit für eine neue Beziehung. Doch die zwei Freundinnen tun sich sehr schwer damit, sie müssen das Flirten erst wieder lernen. 

Während Bibliothekarin Maureen sich mit Klempner Logan trifft, versucht es Krankenschwester Jenna mit dem Chirurgen Rowan. Jenna ist eine totale Übermutter - nicht nur ihrer Tochter gegenüber, oft verhält sie sich auch bei Rowan so. Maureen hingegen hält sich für zu akademisch, um mit einem Klempner gesehen zu werden. Ich fand beide Frauen nicht sonderlich sympathisch, die eine die totale Oberglucke, die andere fühlt sich als Bibliothekarin dem Handwerker Logan überlegen. 

Logan war aber auch ein schwieriger Charakter, er wurde regelrecht ins Arbeiterklischee gepresst: ein kleiner Macho, der entscheidet was gefällt oder was nicht, ein Kulturbanause, der erwartet, dass Frauen ihn zu Sportanlässen begleiten und sich dementsprechend verhalten, umgekehrt kann man sich aber daneben benehmen. Er schien wirklich nur wenig Gespür für Anstand und Zwischenmenschliches zu haben. 

Allie trampelt auf den Gefühlen ihrer Mutter Jenna herum, Jenna wiederum hegt grosse Vorurteile gegenüber Entscheidungen ihres Sohnes und lässt weder ihn noch Rowan ausreden anstatt einfach nur zuhören -  solche unnötigen Dramen mag ich gar nicht. 

Einzig der ruhige Rowan war ein Lichtblick in der ganzen Geschichte, in der es um Familiengeschichten, neue Beziehungen und um sich abnabeln geht.  

"Liebe mit Meerblick" hat etwas sehr Schwerfälliges an sich. Es fehlt der Charme, mit dem die meisten Debbie Macomber-Romane auftrumpfen. 

Der Roman wäre mit Maureen als nur-Freundin von Jenna und ohne eigene Lovestory, wohl wesentlich besser geworden, die Autorin hätte dann mehr Augenmerk auf und mehr Gefühl in Jennas Story legen können. Dann wäre der titelgebende "Meerblick" (im Original "Window in the Bay") auch klarer und würde sich nicht so bemüht anhören. Aber es ist wie es ist, und deshalb hat mich das Buch leider nicht überzeugt.

Fazit: "Liebe mit vielen Vorurteilen" wäre ein passendere Umschreibung zu dieser trägen Lovestory.
3 Punkte. 



Montag, 27. April 2020

Krimi: Whisky mit Schuss von Melinda Mullet (Abigail Logan 3)

Klappentext:
Whisky-Hersteller aus der ganzen Welt kommen in ein charmantes Landhotel in den schottischen Highlands, um den besten Whisky zu prämieren. Abigail Logan, seit kurzer Zeit Besitzerin einer Whisky-Destillerie, ist zum ersten Mal dabei. Doch dann findet man zwei Leichen – beide waren Jury-Mitglieder. Will der Mörder den Wettbewerb beeinflussen? Als Abi Nachforschungen anstellt und eine Spur zum Täter verfolgt, versucht dieser plötzlich, auch sie auszuschalten.





Abi wird von Patrick, Cam und ihrem Geschäftspartnern Grant genötigt an den Golden Quaich Awards im Nobelhotel Eagle Lodge teilzunehmen. Eigentlich dachte, sie, die Wettbewerbs-Veranstaltung wäre nur für schottische Whisky-Affinados von Bedeutung, mehr eine Spielerei. Doch vor Ort merkt sie, dass ein allfälliger prämierter Whisky das Geschäft ziemlich ankurbeln könnte.

Aber bereits in der ersten Nacht wird einer der Juroren getötet. Abi darf zum ersten Mal offiziell die Augen und Ohren offen halten, da DI Michaelsen's Team unterbesetzt ist. Wenn man Abi kennt, weiss man, dass sie dies nur zu gerne macht. Beobachtet hat sie eh schon einiges, jetzt beginnt sie zu kombinieren. 

Will jemand die weltoffenen Jurymitglieder um die Ecke bringen, damit nur schottische Whiskys gewinnen? Ein zweiter Mord könnte darauf hindeuten. Doch gehen Abis Gedanken in die richtige Richtung oder steht etwa ein ganz anderes Motiv hinter den Morden im Nobelhotel?

Mehrere Morde, ein Hotel - ein klassischer Whosdunit-Krimi, in dem Abi samt ihrem Terrier Liam im Mittelpunkt steht. Leider nicht lange, denn sie ist nicht wie erwartet die einzige Frau bei der Whiskyveranstaltung. Mit von der Partie ist nämlich Brenna, die vor einiger Zeit anscheinend ein Praktikum bei Ben machte und damals mit Grant zusammen war. Es sieht aus, als ob Brenna ihn wieder möchte, was Abi eifersüchtig macht, denn natürlich kam Abi kurz vor der Reise auf dieselbe Idee. So wird "Whisky mit Schuss" in mehr als nur einer Angelegenheit interessant.

Dieser dritte Band der Abigail-Logan-Serie kommt mit kreativen Morden daher und ist sehr spannend. Mir gefällt auch, dass die drei bisherigen Bände sich nicht ähneln, sondern Melinda Mullet sich etwas einfallen lässt, um die Leser bei der Stange zu halten. Die Autorin darf gerne so weitermachen. 

Fazit: Whisky, Hunde und Morde - ein unterhaltender dritter Teil. 
4 Punkte. 


Sonntag, 26. April 2020

Tage der Hoffnung von Brigitte Riebe (Die Schwestern vom Ku'damm 3)

Klappentext: 
Berlin 1958: Farben und Formen, Augenblicke eingefangen in Bleistift und Papier. Seit sie denken kann, will Florentine Thalheim nur eines: sich ganz der Malerei und dem Zeichnen hingeben, erst recht, seit sie bei einem Aufenthalt in Paris die Werke der ganz großen Künstler bestaunen konnte. Doch die jüngste von drei Töchtern hatte schon immer einen rebellischen Geist, mehr als eine Ausbildung zur Dekorateurin hat sie nicht vorzuweisen. Während ihre Eltern und die älteren Schwestern Rike und Silvie hoffen, dass sie ihr Talent eines Tages für das Familienunternehmen, das Kaufhaus Thalheim am Ku'damm, einsetzen wird, träumt Florentine weiterhin den wagemutigen Traum, an der Berliner Kunstakademie angenommen zu werden. 


Im dritten Band der "Die Schwestern vom Ku'damm"-Reihe steht die jüngste der Schwestern, Florentine, im Vordergrund. Nach mehr als einem Jahr in Paris kommt sie zurück nach Berlin und will endlich an der Kunsthochschule angenommen werden. Dies ist aber nicht so einfach wie sie denkt, doch ihr Ehrgeiz ist angestachelt, sie gibt nicht auf und so wird ihr Wunsch bald Wirklichkeit. 

Im Studium findet sie gute Freunde und entdeckt ihre Liebe zur Fotografie, merkt aber auch, dass das Studium kein Zuckerschlecken ist, wenn man sich mit dem Dozent nicht versteht. Flori geht ihren Weg weiter, versucht so einiges, bis sie ihren Platz im Leben findet. 

Dies geht nicht ohne Hilfe ihrer Schwestern und ihrer Familie, in der in "Tage der Hoffnung" zwar immer wieder was los ist, aber längst nicht mehr Schlag auf Schlag, wie noch in den ersten zwei Bänden. Nachdem in den ersten zwei Teilen so extrem viel eingebaut wurde, historisch wie familiär, dass man kaum zum Atmen kam, wirkt Band 3 sehr ruhig.

Aus ihrer Familie hat Flori am meisten und am liebsten mit ihrem Cousin Gregor zu tun, und sie freundet sich erneut mit Franzi an. Männer, mit denen ihre Schwestern bereits zu tun haben, kreuzen auch Floris Weg, doch ihr Herz gehört Männern, die sich der Kunst verschrieben haben. Aber auch Flori macht Fehler, genau wie ihre Schwestern bereits vor ihr. Dieser Teil ähnelte sich fast zu sehr, und wirkte deshalb ein bisschen langatmig. 

Familie Thalheim entpuppt sich hier nicht mehr in erster Linie als eine Kaufhaus-Dynastie, sondern als Familie, deren Familienmitglieder fast alle einen Hang zu schöngeistigen, kreativen Berufen haben: Architekt, Künstlerin/Fotografin, Designerin, Schauspieler, Filmproduzent, etc. 

Der dritte Band spielt in den Jahren 1958 bis 1963 und hat somit den Mauerbau in Berlin als grösstes historisches Thema inne, was vor allem Carl und seine Familie betrifft. Da Carl zu meinen Lieblingsfiguren gehört, war ich mental sehr von seiner Geschichte betroffen und fieberte mit ihm mit. Gregor mochte ich auch sehr - ja, um ehrlich zu sein, fand ich diese zwei Charaktere mit ihren Lebensgeschichten viel interessanter als die der drei Schwestern.

In anderen Reihen ist es vielleicht ein "kann", hier aber ein unbedingtes "muss": nämlich, dass man alle drei Bände der Reihe nacheinander liest und sich nicht nur einen herauspickt - zu vieles ist passiert, so dass man die Personen nur im Zusammenhang mit ihrer Entwicklung sehen und würdigen kann und nicht einzeln gelesen.

Die familiären Verstrickungen in der Serie waren mir zu übertrieben dargestellt, zwar kein Wunder mit derart vielen Familienmitgliedern, aber die historische Dimension der Serie gefiel mir besser. Sie war höchst interessant erzählt, nur schon deshalb ist die Reihe lesenswert. 

Fazit: Ein runder Abschluss der Serie, geschichtlich höchst bedeutsam mit dem Mauerbau, die mit der berühmten Kennedy-Rede ein versöhnliches Ende nimmt. 
4 Punkte.

Am 13. Oktober erscheint "Weihnachten am Ku'damm" - eine Kurzgeschichte, die uns nochmals zu den drei Schwestern ins Jahr 1946 mitnimmt. 


Reihenfolge:
Band 1: Jahre des Aufbaus (Rike)
Band 2: Wunderbare Zeiten (Silvie)
Band 3: Tage der Hoffnung (Florentine)
KG: Weihnachten am Ku'damm (erscheint am 13.10.)

Samstag, 25. April 2020

Wunderbare Zeiten von Brigitte Riebe (Die Schwestern vom Ku'damm 2)

Klappentext:
Berlin, 1952: Während für Rike das Kaufhaus an erster Stelle steht, will die mittlere Schwester Silvie nach den dunklen Jahren des Krieges nur eins: das Leben in vollen Zügen genießen. Die Geschäfte laufen ohnehin bestens, das Kaufhaus bietet das Neueste vom Neuen an: Petticoats, Nylonstrümpfe und Perlonhemden, dazu feine Stoffe und Waren, die nach angesagter italienischer Mode angefertigt werden. Doch nun, da die Wunden des Krieges verheilt sind, weigern die Männer sich plötzlich, die Geschäfte allein den Frauen zu überlassen. Als dann auch noch Florentine, mittlerweile zu einer jungen Frau herangewachsen, gegen alles und jeden rebelliert und die Familie zu entzweien droht, wird Silvie klar, dass sie Verantwortung für das Kaufhaus Thalheim und ihre Familie übernehmen muss.


Im zweiten Band der Ku'damm-Schwestern-Trilogie steht Silvies Geschichte im Vordergrund. Silvie mochte ich im ersten Teil, "Jahre des Aufbaus", nicht. Sie war unstet und unvernünftig, brachte durch unüberlegte Aktionen - bei denen sie nicht auf Rike hörte - die Familie mehr als nur einmal in Lebensgefahr. Mit dem Kopf durch die Wand, war in etwa ihr Motto. 

Dennoch hatte und hat sie ihre guten Seiten. Mit ihrer klaren Stimme beeindruckte sie die britischen Soldaten und später die Radiohörer. Ich war also gespannt, was aus ihr wird. Ruhiger und besonnener auf jeden Fall, trotz ihrer on-off-Beziehung und ihrer Sehnsucht nach dem richtigen Mann, einem Kind, einem Haus. Silvie hat in ihrer Story nettere Züge an sich. 


Dass sie nun die Freundin von Miriam ist, kann ich nach empfinden. Doch es war wenig plausibel, dass Carl und auch Marcus plötzlich nur noch mit Silvie sprachen und nicht mehr mit Rike. Diese wurde zur besserwisserischen Schwester degradiert, was ich sehr schade fand. Oscar ist noch immer ein unsympathisches Schlitzohr und totaler Egoist, da kann selbst seine Zwillingsschwester Silvie nicht mehr viel gerade rücken. 


Brigitte Riebe hat extrem viel reingepackt in "Wunderbare Zeiten", pausenlos passiert etwas in der grossen Familie Thalheim, historisch ebenso. Letzteres war spannend zu lesen. Den historischen Teil fand ich enorm interessant, da mir als Schweizerin die Anfangsgeschichte der DDR mit diesen vielen Details nicht so geläufig war, damals ja noch ohne Mauer. 

Aber "Wunderbare Jahre"? Nicht für alle jedenfalls. Nur für wenige. Denn die Höhen und Tiefen gehen weiter, pausenlos, für die Stadt Berlin wie vor allem auch für die Thalheims. Der Tiefgang kam so natürlich auch wieder zu kurz. 


Die überladene Familiengeschichte nahm ich für mich als Umrahmung der historischen Begebenheiten. Denn sie ist überfrachtet von Ereignissen, die in der Menge irgendwann nicht mehr glaubhaft wirken. Aber als roter Faden, anhand dem die deutsche Geschichte erzählt wird, war sie okay.


Am Ende des Romans habe ich Lieder im Ohr, Modebilder vor Augen und eine Rennfahrt durch die deutsche Geschichte während den Jahren 1952 - 1957 mitgemacht - langweilig wird die Lektüre jedenfalls nicht! 


Fazit: Eine Reise durch nicht so wunderbare Jahre, spannend geschildert. 
4 Punkte. 

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag!

Reihenfolge:

Band 1: Tage des Aufbaus (Rike)
Band 2: Wunderbare Zeiten (Silvie)
Band 3: Tage der Hoffnung (Florentine)

Freitag, 24. April 2020

Jahre des Aufbaus von Brigitte Riebe (Die Schwestern vom Ku'damm 1)

Klappentext:
Berlin, 1945: Das Kaufhaus Thalheim liegt in Trümmern, die Männer der Familie sind versehrt. So beginnt die Stunde der Thalheim-Töchter, die den Wiederaufbau selbst in die Hand nehmen. Rike, die Älteste, entpuppt sich als gewiefte Geschäftsfrau. Ganz anders ihre Schwester Silvie, die sich nur für das Vergnügen interessiert. Nach Währungsreform und Gründung der BRD geht es endlich aufwärts, doch die neuen Zeiten bringen neue Probleme: Florentine, die Jüngste, entwickelt sich zum Enfant terrible. Als ein dunkles Geheimnis zutage tritt, das ein unrühmliches Licht auf das Kaufhaus wirft, müssen die Schwestern erkennen, dass die Vergangenheit noch immer lebendig ist.


Glück gehabt  - so könnte man den ersten Teil der "Die Schwestern vom Ku'damm"-Trilogie umschreiben. Der Titel sagt es bereits, in "Jahre des Aufbaus" geht es in den Jahren 1945 bis 1951 um die Ende der Kriegszeit, und den Wiederaufbau des Kaufhauses Thalheim. 

Von der Besitzerfamilie sind die Frauen noch immer in Berlin. Die älteste Tochter Rike bringt Frauen und Kinder der Familie durch die Kriegszeit. Sie motiviert ihre Schwestern und die Stiefmutter zum Überleben, zum Arbeiten und aktiv zu werden, anstatt nur rum zu sitzen und zu jammern. Es ist eine privilegierte Familie, aus der Rike stammt, aber sie ist eine Macherin und kann gut organisieren.

Rike will das Kaufhaus wieder aufbauen - wieder Kleider entwerfen lassen und sie verkaufen. Ihre Leidenschaft dafür kam nicht so rüber, das vermisste ich, es ging mehr einher mit Geld verdienen, was aber natürlich auch wichtig war. Glücklicherweise konnte Rike zwei Nähmaschinen retten und als Miriam, die Tochter ihrer ehemaligen Näherin, auftaucht, hat sie auch endlich jemand, der die neuen Kleider entwirft und näht. Doch Stoff ist Mangelware. Ideenreich kommen sie aber zu neuem Stoff und so versuchen sie ihr Glück. Doch wer will und kann sich die Kleider überhaupt leisten? Kein Wunder, sind Höhen und Tiefen die nächsten Begleiter der Frauen. 

Der Roman, in dem der Wiederaufbau an erster Stelle steht, bietet wohl einen guten Einblick in die Nachkriegszeit. Die Autorin reist Themen an wie die Besetzung der Russen und später der Briten, die Arbeit der Trümmerfrauen, der Schwarzmarkt, dann die Berliner Blockade mit Berlin als Insel, der Luftbrücke und die Währungsreform. 

Daneben die Familiengeschichte: die Erinnerungen von Rike an den Tod ihrer Mutter Alma; Oscar, der vermisste Zwillingsbruder von Silvie; der Vater in Gefangenschaft; Onkel Carl und die Oma in Potsdam. Und natürlich die drei sehr unterschiedlichen Schwestern: Rike packt an; Silvie flirtet gern und macht was sie will, schlägt sämtliche Ratschläge in den Wind und bringt dadurch alle in Gefahr, kann aber gut reden; die junge Florentine zeichnet sehr gern und spürt Zwischenmenschliches besser als alle andern, rebelliert später aber auch gern. Stiefmutter Claire ist eher Beiwerk. 

Am besten gefallen hat mir Miriam. Sie hätte eigentlich ein eigenes Buch verdient! 

Vieles in der Geschichte wird nur kurz beleuchtet. Plötzlich spielten auch Rikes Freundinnen Lou und Elsa keine Rolle mehr. Auch wenn es eine Trilogie ist, und manches wohl erst später erzählt wird, hätte ich mir aber mehr Antworten auf einige in diesem Band essentielle Fragen gewünscht, zum Beispiel, ob Friedrich auf Rike gehört und sein Geld umgetauscht hat. 

Sowieso, Friedrich mochte ich nicht. Ich fand, er hat die Arbeit von Rike und das Durchhalten seiner Kinder und Frau zu wenig honoriert. Kaum zurück, will er das Ruder wieder selbst in der Hand halten. Dabei ging es ganz gut ohne ihn. Da hätte ich mir auch mehr Gegenwehr von den Schwestern vorstellen können. 

Der Roman hat mich grundsätzlich gut unterhalten, auch wenn die Sprache manchmal zu modern daher kam und das eine oder andere unterging. Es ist aber auch ein hohes Erzähltempo, das Brigitte Riebe vorlegt.

Dennoch weiss ich nicht, ob ich, wenn ich den ersten Band vor drei Jahren gelesen hätte, ein Jahr später zu Band 2 gegriffen hätte. In "Jahre des Aufbaus" wirkt manches oberflächlich, der Roman ging mir deswegen zu wenig unter die Haut. Da ich nun aber die Möglichkeit habe, alle drei Teile hintereinander zu lesen, tue ich das. Jetzt bin ich gespannt wie es weiter geht, vor allem nach dem fiesen Cliffhanger am Ende und Silvie als Hauptfigur - die hier von mir aber nicht viel Sympathiepunkte bekam...

Fazit: Anschaulich erzählt, lässt sich gut lesen, auch wenn einiges oberflächlich scheint. 
4 Punkte. 

Reihenfolge:
Band 1: Jahre des Aufbaus (Rike)
Band 2: Wunderbare Zeiten (Silvie)
Band 3: Tage der Hoffnung (Florentine)

Mittwoch, 22. April 2020

Caféglück am Meer von Debbie Johnson (The Comfort Food Café 6)

Klappentext:
Auburn Longville hat ihre wilden Tage hinter sich. Im beschaulichen Budbury, an der Küste Dorsets, hat sie sich im Kreise ihrer Familie niedergelassen und ihr Glück mit Freund Finn gefunden. Doch während sie mit den Vorbereitungen für die Hochzeit einer Freundin beschäftigt ist, bringt ein überraschender Besuch aus ihrer Vergangenheit ihr schönes, geordnetes Leben durcheinander. Denn was niemand weiss: Auburn ist bereits verheiratet und ihr Ehemann will sie nun zurück. Nun muss sie sich entscheiden, wem ihr Herz gehört. 




Genau das richtige Buch für die Lockdown-Zeit: was hab ich mich auf das Wiedersehen mit den lieb gewonnen Charakteren aus der "The Comfort Food Café"-Serie gefreut! 

Im englischen Original ist "Caféglück am Meer" Band 6 und letzter Teil der Serie. Beim Lesen merkt man, dass einem Infos fehlen, die im fünften Band beschrieben werden. Auf Deutsch erscheint Band 5 zum Glück noch dieses Jahr am 14. September und erzählt die Geschichte von Katie Seddon, die jetzt, im sechsten Band, mit Auburn zusammen in der Drogerie von Budbury arbeitet. 


"Caféglück am Meer" heisst im Original "A Wedding at the Comfort Food Café" -  Lauras Hochzeit mit Matt steht kurz bevor und ganz Budbury sieht rot. 


Nein, nicht rot, sondern rosa! Wir treuen Leser wissen: in Budbury weiss man zu feiern. Gerne, oft und immer ein wenig verrückt. Dieses Mal ist Farbe Trumpf. Alle Gäste, Weiblein wie Männlein, erscheinen in rosafarbener Kleidung zum Fest. Auch Auburn, Willows Schwester, die im vierten Band nach Budbury zurück zog, um Willow bei der Pflege ihrer Mutter Lynnie zu unterstützen. Auburn ist frisch verliebt in Finn, der mit Tom in Briarwood arbeitet. 


Die ganzen Hochzeitsvorbereitungen bringen es ans Licht: Auburn ist bereits verheiratet. Alles schon lange her und weit weg. Sie weiss, dass sie Ordnung in ihr Leben bringen muss und reicht die Scheidung ein. Doch ihr Noch-Ehemann Seb will Auburn noch einmal sehen, damit auch er abschliessen kann - oder an der Ehe festhalten... 


Auburns Gefühle fahren Achterbahn. Verständlich. Debbie Johnson schafft es, Auburns Emotionen, aber auch die Empfindungen der Männer wirklich gut rüberzubringen, ohne dabei kitschig zu werden. 


Den lockeren-witzigen Schreibstil mit den schweren Vergangenheits-Traumas ihrer Figuren zu verbinden, ist die grosse Stärke der Autorin. Sie macht es uns Lesern genauso schwer wie Auburn, denn beide Männer haben ihre Vorzüge, für beide könnte man sich erwärmen. Debbie Johnson schiebt auch keinem die A'loch-Karte hin, ich mochte beide Männer und war sehr gespannt, für wenn sich Auburn letztlich entscheiden wird. 


Deshalb habe ich auch bis Nachts um 2:30 Uhr gelesen - bis zum Ende hätte ich nicht sagen können, für wen sich Auburn entscheidet.


Fazit: Wunderschönes und spannendes Finale mit neuen und alten Bekannten aus Budbury! 
5 Punkte. 


Reihenfolge:
Band 5: Weihnachten mit Zimt und Happy End (erscheint am 14. September - EDIT: wird evt. auf 2021 verschoben)
Band 6: Caféglück am Meer (Ende der Serie)

Dienstag, 21. April 2020

Die kleine Traumküche in Cornwall von Jane Linfoot

Klappentext:
Es gibt nur ein Wort, um Clemmies Heimatort St. Aiden mit den kleinen, pastellfarbenen Cottages, die sich an die Hügel schmiegen, zu beschreiben: idyllisch! Doch Clemmie zieht es hinaus in die Welt. Um genügend Geld für ihre Abenteuer zu haben, beschließt Clemmie das Apartment in Cornwall zu verkaufen, das sie von ihrer Großmutter geerbt hat. Doch kaum betritt Clemmie die gemütliche Küche, ist sie überwältigt von all den Erinnerungen, die dort auf sie warten. Plötzlich hat sie zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, bleiben zu wollen. 




Jane Linfoot bleibt mit ihrem neuesten, auf deutsch übersetzten Roman in, ihren Leserinnen aus der Brautladen-Serie bestens bekannten, St. Aiden in Cornwall. Einige Hotspots daraus - ich sag nur "heisse Schokolade" - kommen auch in "Die kleine Traumküche in Cornwall" vor. 

Ganz anders aber ist das "Personal" - es geht um Clemmie, die seit einiger Zeit im Ausland lebt, nun aber zurück gekommen ist, weil die Mieterin von Clemmies geerbter Wohnung ausgezogen ist. 


Clemmies Plan: die Wohnung verkaufen und schnell wieder zurück nach Paris. Doch als ihre Freundin Sophie sie überredet, sich wenigstens die Wohnung mal noch anzuschauen und sich Clemmie überraschenderweise sehr wohl fühlt in der Wohnung, - allerhand Erinnerungen an die Zeit, die sie hier mit ihrer Grossmutter verbrachte blinken auf - entscheidet sie sich noch länger hier zu bleiben. Wie gut, dass ihre Chefin ihren Auslandsaufenthalt immer wieder verlängert, und somit Clemmie auch einige Wochen länger in St. Aiden bleiben kann.

Clemmie geniesst die Zeit zusammen mit Sophie (Supermom, Unternehmerin), Nell (Steuerberaterin und Eventplanerin) und Plum (Galeristin), ihren Meerjungfrauen-Freundinnen von früher. Um etwas zu tun, und vor allem um Geld zu verdienen, hilft sie Nell und backt Süsses für die Singles-Abende, die Nell organisiert. Da die Wohnung eine tolle Meersicht hat und super gemütlich ist, werden einige Abende in ihrer Küche stattfinden. Doch wie erklärt sie dies ihrem charmanten Nachbar Charlie Hobson? Obwohl Charlie total zuvorkommend ist, ihr sogar beim Backen hilft, traut Clemmie ihm nicht. Zu recht oder nicht?

Der Zauber von Seaspray Cottage enthüllt sich auch bald den Lesern. Schnell ist man in der Geschichte angekommen. Diesel, Charlies Hund, erobert schnell die Herzen der Leser. Man spürt die Zuneigungs-Funken zwischen Clemmie und Charlie, geniesst auch ihre kleinen Reibereien, bekommt Hunger, wenn man mit ihnen in der Küche bäckt und ist gespannt auf weitere Enthüllungen über Clemmies Eltern. Und vor allem ist man ist gespannt, wie alles ausgeht.

Ausserdem würde man sich freuen, wenn man in weiteren Romanen Nell und Plums Geschichten lesen könnte. Denn wenn man die Augen schliesst, ist man noch immer in St. Aiden und geniesst den Ausblick vom Seaspray Cottage und das Miteinander der Clique, die sich ständig vergrössert.

Fazit: Eine tolle Wohlfühlstory, die gute Laune und den eigenen Alltag vergessen macht. 
4 Punkte. 

Montag, 20. April 2020

Krimi: Das Grab im Médoc von Maria Dries ( Pauline Castelot 1)

Klappentext:
In der Region Bordeaux häufen sich Einbrüche in bekannte Weingüter. Trotz höchster Sicherheitsstandards hinterlassen die Täter keine Spuren. Nach einem weiteren Einbruch wird der Winzer Armand tot in einem Brunnen gefunden. Pauline Castelot soll den Fall nun übernehmen. War Armand einfach zur falschen Zeit am falschen Ort? Doch wenige Tage später wird in einem Weinberg eine tote Frau gefunden, in ihrer Tasche die Einladung zu einer Weinverkostung – sie stammt von dem ermordeten Armand. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Opfern?



Auf Kommissar Lagarde folgt Kommissarin Pauline Castelot. Nach elf Bänden ist Schluss mit Barfleur und der Normandie, Maria Dries nimmt uns zukünftig mit nach Bordeaux: "Das Grab im Médoc" ist Auftakt einer neuen Serie um Kommissarin Pauline Castelot.

Pauline ist Chefin einer Sonderermittlungstruppe, die, wenn sie nicht Cold Case's bearbeiten, heikle aktuelle Fälle übernehmen. Seit kurzer Zeit werden im Gebiet rund um Bordeaux nachts des öfteren Weingüter überfallen. Dabei wird teurer Wein gestohlen. Als eines Nachts ein Weinbauer getötet wird, wird das Team um Pauline dazu gerufen. Schnell stellen sie fest, dass die Weindiebstähle wohl nicht unbedingt etwas mit dem Tod von Armand zu tun haben. Also heisst es weiter ermitteln...

Mir ist der Einstieg schwer gefallen. Auf den ersten 100 Seiten werden laufend neue Personen eingeführt. Als Leser weiss man nicht, wer davon wirklich wichtig ist und wer weniger. Wer gut, wer böse ist. Wer zum Team gehört, wer nicht, wer welche Rolle im Team übernimmt, und so weiter und so fort...

Erst dann nahm der Fall Gestalt an, doch da die Ermittlungen an diversen Orten stattfinden und Maria Dries alle - das ist zwar ihre Stärke - detailliebend beschreibt, wird es zuviel. Zu viele Ortschaften, zu viele Menschen. Für einen ersten Band ist dieser Stil ungeeignet. Da wäre es besser gewesen, zuerst die Polizisten (zum Beispiel) bei einem Frühstück starten zu lassen, so dass man wenigstens das Team kennenlernt.

Dass die vier Ermittler fast immer zusammen unterwegs waren, und erst noch in einem einzigen Auto zu ihren Verdächtigen fuhren, fand ich unglaubwürdig. Manchmal ergeben sich neue Spuren, da wäre es wichtig, wenn die einen dann grad weiter fahren könnten, während die anderen an der anderen Spur dranbleiben. Komisch war ebenso, dass die vier Feierabend machen und gemeinsam gemütlich essen gehen, obwohl sich ihnen gerade eine neue, handfeste Spur auftat.

Der Fall selbst war so la la, überzeugt hat er mich nicht wirklich. Zum einen, weil die Beweggründe erst gegen Ende enthüllt werden, zum anderen wohl vor allem deshalb, weil ich den Einstieg schwierig fand und auch keinen Zugang zu den Kommissaren fand. Der Charme eines Kommissars Lagarde fehlt hier gänzlich. Alle vier Ermittler haben vermutlich spannende Hintergründe, die hier aber zu kurz kamen, weil derart viele Informationen und Beschreibungen auf die Leser einprasseln, so dass man die Backgrounds gar nicht gebührend wahr nehmen konnte.

Fazit: Zu viele Schauplätze und Figuren auf wenig Seiten, zu wenig Charme - überzeugt leider nicht. 
3 Punkte.


eBook erschien am 7. April, die Printausgabe folgt am 1. September 2020.

Reihenfolge:
Band 1: Das Grab im Médoc

Freitag, 17. April 2020

Krimi: Schottensterben von Gordon Tyrie (Hebriden-Krimi 1)

Klappentext:
Der Eigenbrötler Nicol, 52, liebt nichts mehr als die malerische kleine Bucht samt Cottage und Bootshaus, die er auf der Hebriden-Insel Gigha gepachtet hat. Ausgerechnet dort will nun der beliebte schottische Schauspieler und Regisseur Jim McKechnie seinen neuen Film drehen. Als McKechnie Nicol androht, seine Kontakte spielen zu lassen, um Nicols Pachtvertrag aufzulösen, kommt es zu einem wüsten Streit zwischen den beiden Männern. Am nächsten Morgen spült das Meer Nicol eine Überraschung vor die Haustür: eine männliche Leiche im Kilt, allem Anschein nach McKechnie. Was tut man nun mit der Leiche seines Erzfeindes, wenn man lästige Fragen vermeiden will? Dummerweise ist Nicol nicht so unbeobachtet, wie er sich fühlt. Und seine heimlichen Zuschauer haben ebenfalls eine ganze Reihe Gründe, die Leiche auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen. 

Darf ich vorstellen? Das Hochlandrind, das uns vom Cover entgegen blickt, heisst Thin Lizzy und ist verliebt in Nicol. Der jedoch merkt plötzlich seine Zuneigung zu Val. Die ist die Zwillingsschwester von Phyllis und hat seit dem Tod ihrer Eltern 1987 öfters Flashbacks. Die beiden Schwestern haben das absolute Gedächtnis, Phyllis ist die Hübschere und Zartere, Val die Starke und Gröbere. Auf Gigha wissen die Bewohner mittlerweile, wie mit Phyllis Flashbacks umgehen. 

Auch Postbote Craig, der nicht nur Briefe verteilt, sondern auch gerne welche schreibt. Keine Briefe, aber Haikus schreiben und Vögel beobachten tut Hinch, ein Profikiller im Ruhestand. An Tag X beobachtet er keine Vögel, aber sieht zu, wie Nicol eine Leiche verbuddelt. Hinch beobachtet auch, dass Nicol noch von anderen Bewohnern beobachtet wird. 

Fortan geht es vor allem darum, die Leiche von Jim McKechnie verschwinden zu lassen. Niemand will die Polizei auf der Insel haben. Allerdings will auch niemand die beiden Touristen Pat und Bob hier, die immer zur falschen Zeit am falschen Ort auftauchen. Pat, immerzu nörgelnd, verscherzt es sich mit sämtlichen Bewohnern, vor allem aber mit Thin Lizzy. Da kann auch Bob nicht mehr schlichten. Pat will nicht hören, muss aber schmerzlich fühlen. 

Schmerzen haben im Laufe der Geschichte auch Jessie und Stuart, das Kelp-Sammler-Paar, die sich "nebenberuflich" als Wrackjäger betätigen. Sie sind quasi das Gegenpart zu den Leichenverbuddlern - sie wollen das Boot des Toten auf dem Meer verschwinden lassen. Erde zu Erde, Wasser zu Wasser, oder so. Alle ein bisschen plemplem auf Gigha!

Gordon Tyrie, ein Pseudonym für den deutschen Autor Thomas Kastura, hat mit diesem Hebridenkrimi eine schwarzhumorige Geschichte mit skurrilen Figuren abgeliefert, die bestens unterhält. Man muss sich aber darauf einlassen und sämtliche Erwartungen, die man normalerweise an einen Krimi hat, beiseite schieben. 

Dann bekommt man ein Krimivergügen der anderen Art - wenn man das weiss, hat "Schottensterben" Potential für 5 Punkte. Aber wenn man, wie ich, darauf wartet, dass mehr passiert als das, zugegeben sehr vergnügliche, Leichenverscharren und erst nach zwei Dritteln merkt, dass bis zum Finale, bei dem Hinch alle Ehre zuteil wird, nicht im üblichen Sinne ermittelt wird, bleibt es bei 4 Punkten. 

Fazit: Die Leiche muss weg - ein amüsanter Cosy-Thriller mit speziellen Charakteren. Witzig! 
4 Punkte. 

Mittwoch, 15. April 2020

Die Liebe kennt den Weg zurück von Jana Lukas (Die Mühleschwestern 1)

Klappentext:
Als Fotografin um die Welt reisen! Das war immer Hannahs Traum. Und so ließ sie die Heimat hinter sich, um das Leben durch ihr Kameraobjektiv zu entdecken. Doch nun, mit Ende Zwanzig, kehrt Hannah traumatisiert nach Sternmoos zurück. Ihre Welt ist nach einem tragischen Unfall in Südamerika nicht mehr dieselbe. Sie hofft, in der alten Mühle ihrer Tante Lou, bei ihren beiden Schwestern Rosa und Antonia, Trost zu finden. Doch kaum Zuhause angekommen, trifft sie auf Jakob, ihre erste große Liebe. Und Hannah wird klar, dass sie ihre Vergangenheit noch lange nicht hinter sich gelassen hat.



Im Berchtesgadener Land, eine halbe Stunde von Salzburg entfernt, steht Tante Lous Mühle. In Sternmoos ist Hannah zusammen mit ihren beiden Schwestern Rosa und Antonia aufgewachsen. Während die beiden Schwestern noch immer im Dorf wohnen, zog Hannah nach Hamburg. Ihr wurde es zu klein, zu eng - sie wollte fort. 

Als Fotografin reist Hannah oft in die weite Welt hinaus, bis sie in Brasilien einen schrecklichen Unfall hat. Ihr WG-Zimmer in Hamburg ist noch untervermietet, deshalb entscheidet sie sich, nach Hause zu gehen, bis sie sich vom Unfall und ihren Verletzungen erholt hat. Hier hat sie vor 10 Jahren nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre erste grosse Liebe, Jakob, zurück gelassen.

Er hat sich schnell mit einer anderen getröstet, innerlich tut das Hannah weh, denn sie liebt ihn noch immer. Das merkt sie, als sie Jakob im Dorf wieder sieht. Nicht nur deshalb fragt sie sich, ob es eine gute Idee war zurück zu kommen. Ihre Mutter ist übervorsorglich, alle wollen wissen wie es ihr geht und wie lange sie bleibt. Wenn sie das nur selbst wüsste! 

Die Einzige, die Hannah zu verstehen scheint ist Tante Lou. Doch Lou verhält sich plötzlich komisch, ab dem Moment als sie vor Jakobs Garage einen älteren Mann sieht. Derart aus dem Gleichgewicht geraten, hat Hannah ihre Tante noch nie erlebt. Wer ist dieser Unbekannte und was hat er mit Tante Lou zu schaffen? Die drei Schwestern wollen das herausfinden, überlassen den Grossteil der "Ermittlungsarbeit" aber Hannah. 

Der Titel dieses ersten Bandes "Die Liebe kennt den Weg zurück" sagt schon einiges aus über Hannahs und vielleicht auch Lous Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat. Hannahs Unfalltrauma, ihr schlechtes Gewissen, aber auch der Grund wieso sie damals weg wollte, wurden allesamt glaubhaft geschildert. Ebenso ihre Genesung, ihr aktuelles Gefühlsleben und auch Hannahs Leidenschaft für ihren Beruf, die Fotografie. 

Sehr schön fand ich, dass Autorin Jana Lukas auf unnötige Twists und doofe Missverständnisse verzichtete. Deshalb macht es viel Spass diesen Roman zu lesen, auch wenn er nicht so fröhlich und leicht daher kommt, wie viele sich das vielleicht wünschen. 

Die Beschreibungen der Gegend - die Nähe zum österreichischen Salzburg mit seinen einladenden Cafés, die Berge, der See - machen Lust, das Berchtesgardener Land einmal selbst zu entdecken. Solange das im realen Leben nicht geht, dürfen wir Leserinnen dieses Jahr noch zweimal mit Jana Lukas dahin reisen. 

In den zwei Nachfolgebänden soll es nämlich um die Geschichten von Rosa und Antonia gehen. Darauf bin ich schon sehr gespannt. Besonders neugierig bin ich auf Rosa und ihren nicht sehr sympathischen Freund Julian. Aber auch die ruhige, sportliche Hebamme Antonia könnte für einige Überraschungen sorgen. 

Fazit: Toller, kurzweiliger Roman, der die Leser auf eine Gefühlsreise mitnimmt, die so unterschiedlich wird, wie die verschiedenen Gegenden, die hier im Mittelpunkt stehen.
5 Punkte. 

Dienstag, 14. April 2020

Krimi: Tödliche Auszeit von Su Turhan (Kommissar Pascha 7)

Klappentext:
Aus. Schluss. Vorbei. Kommissar Pascha ist entschlossen, hinzuwerfen. Doch dazu kommt es nicht, als eine junge Polizistin, die zum Schutz der Münchner Sicherheitskonferenz in die Landeshauptstadt einberufen wurde, spurlos verschwindet. Zeki und seine Kollegen geben alles, um die Tat aufzuklären. Die Spuren führen in den Teilnehmerkreis der Sicherheitskonferenz - doch sicher ist bald niemand mehr.






In Kommissar Paschs siebtem Fall stehen einige Veränderungen an, und auch Zeki Demirbilek hat langsam genug. Zeki träumt davon, nach Istanbul zu gehen und Selma so lange zu umschwärmen, bis sie wieder ein Paar werden. Aber erst muss der Tod eines Mannes aufgeklärt werden und Isabels Patenkind gefunden werden.

Isabel Vierkants Nichte Theresa, eine junge Polizistin, wurde für einige Tage nach München gerufen, damit sie die Kollegen bei einer grossen Konferenz unterstützen kann. Doch dann verschwindet sie spurlos, Isabel und Jale machen sich grosse Sorgen.

Was die Kommissare (noch) nicht wissen, der Leser hingegen schon: der Tod des Mannes und Theresas Verschwinden haben einige Berührungspunkte. Wie stark das alles zusammenhängt, findet das Migra-Team Schritt für Schritt heraus. Manchmal geht es zwei Schritte vorwärts und gleich darauf wieder einen zurück. 

Su Turhan bietet alles auf. Er macht es unglaublich spannend, denn die Bösewichte sind bald bekannt, aber enorm schwer zu fassen. Die Charakterzüge des Teams und auch der Täter werden wie immer äusserst präzise herausgekitzelt, um im Miteinander oft zu reizen, was wiederum den Lesern einige Schmunzler beschert. Doch der grosse Krach, wie teilweise in vorherigen Bänden, bleibt aus, es geht vielmehr um die bevorstehenden Veränderungen im Team und die schnelle Auflösung der beiden Fälle. 

Fazit: Ein packender Fall für das Migra-Team rund um Zeki, besser bekannt als Kommissar Pascha. 
5 Punkte. 


Reihenfolge:
Band 1: Kommissar Pascha
Band 2: Bierleichen
Band 3: Kruzitürken
Band 4: Anstick
Band 5: Getürkt
Band 6: Mordslust pur
Band 7: Tödliche Auszeit 

Samstag, 11. April 2020

Glücklicher als gedacht von Antoine Laurain

Klappentext:
Schon seit Jahren ist François Heurtevent Bürgermeister von Persiac, die Leute mögen ihn, seine Wiederwahl gilt als sicher. Doch dann geschieht das Unglaubliche und ein windiger Konkurrent setzt sich gegen ihn durch. Niedergeschlagen räumt François sein Rathaus, da fällt ihm sein Klassenfoto in die Hände: dreißig Jahre alt, darauf lauter junge Gestalten, vor denen die Zukunft wie ein zauberhaftes Geheimnis zu liegen scheint. Kurzerhand beschließt François – er hat schließlich jetzt viel Zeit – die Kameraden von früher aufzuspüren. Ob Pfarrer, Friseurin oder Pornoregisseur – bei seinen Begegnungen wird François klar, auf welch unterschiedliche Weise sich das Glück im Leben darstellen kann. Und dann verdichten sich auch noch die Hinweise auf Wahlbetrug. 


Ein neuer Laurain - der eigentlich gar nicht so neu ist, sondern erst jetzt auf Deutsch übersetzt wurde. 

Der Schreibstil ist toll wie immer, die Sprache genussvoll und haucht den Figuren Gesichter und interessante Lebensgeschichten ein. Ich glaube, Antoine Laurain könnte auch ein langweiliges Telefonbuch lebendig und spannend machen, indem er aus dem Nichts zu jedem Namen und Telefonnummer eine Geschichte erzählen würde.

Um Telefonnummern, darunter eine ganz spezielle, geht es auch in "Glücklicher als gedacht". Nicht so glücklich ist François, der gerade als Bürgermeister abgesetzt wird - die aktuelle Wahl hat er mit nur wenigen Stimmen verloren. Er hat fest mit einer zweiten Amtsdauer gerechnet und fällt jetzt in ein Loch. 

Dabei wird er nostalgisch und fragt sich, was eigentlich aus seinen Mitschülern aus der Abschlussklasse geworden ist. Da er ja eh nichts besseres zu tun hat, macht er sich auf die Suche nach seinen Klassenkameraden. Etliche Überraschungen warten auf ihn - auch solche zu seiner eigenen Vergangenheit. 

Laurains Schreibrezept enthält auch hier wieder ein bisschen Melancholie und kokettiert mit lebensnahen und gleichzeitig aberwitzigen Begebenheiten. So führt ein kleiner Anstoss zum nächsten Meilenstein, eröffnet neue Möglichkeiten, enthält spannende, teilweise fast schon kriminalistische Züge und zieht so seine Kreise bis zum - glücklichen? - Ende. 

An besagtem und ziemlich stimmigem Ende der interessanten Geschichte fehlten mir aber einige Sätze mehr. Wären die vorhanden, hätte ich noch so gerne 5 Punkte für dieses kurzweilige Lesevergnügen vergeben. 

Fazit: Antoine Laurains Romane machen süchtig, von diesen Geschichten will man mehr lesen. 
4 Punkte.


Donnerstag, 9. April 2020

Krimi: Die Tote in der Sommerfrische von Elsa Dix (Seebad-Krimi 1)

Klappentext:
Norderney 1912: Im eleganten Seebad verbringt die feine Gesellschaft der Kaiserzeit die Sommerfrische. Auch die junge, unabhängige Viktoria Berg genießt die Zeit am Meer, bevor sie ihre Stellung als Lehrerin antritt. Doch dann wird sie Zeugin, wie der Hamburger Journalist Christian Hinrichs, der eine Reportage über den Sommer der Reichen und Schönen schreibt, eine ertrunkene junge Frau aus den Wellen zieht. Viktoria kannte die Tote und glaubt nicht eine Sekunde daran, sie habe den Freitod gewählt. Gemeinsam mit Christian stellt sie Nachforschungen an und stößt in der adeligen Seebadgesellschaft der Belle Époque bald auf dunkle Geheimnisse.



Erfrischend wie ein Bad in der Nordsee kommt „Die Tote in der Sommerfrische“ von Elsa Dix daher. Ein gegensätzliches, aber interessantes Ermittlerpaar will den Tod eines Zimmermädchens aufklären. Dabei infiltrieren sie die noble Gesellschaft im Seebad Norderney und finden so einiges heraus - fesselnd und humorvoll. 

Journalist Christian Hinrich zieht eine Frau aus dem Meer. Viktoria Berg wird bei ihrem Strandspaziergang auf ihn aufmerksam, geht näher und erkennt die Tote sofort. Nie und nimmer wäre das Zimmermädchen Henny freiwillig aus dem Leben geschieden, denn sie hatte grosse Pläne, wie sie Viktoria ein paar Tage vorher verriet. Auch Hinrich glaubt nicht an einen Selbstmord, dafür hat der ehemalige Kriminalreporter schon zu viel gesehen. Doch die Polizei bockt und tut so, als ob nichts wäre.

Viktoria und Christian beginnen gemeinsam zu ermitteln, das ungleiche Gespann ergänzt sich gut. Viktoria kann sich im Nobelhotel bei den Gutsituierten und vor allem bei den Frauen umhören, Journalist Christian bei den Männern. Und sie entdecken so einiges - doch wer war der wahre Täter?

"Die Tote in der Sommerfrische" ist ein spannender und interessanter Krimi, der sich im Sommer 1912 auf Norderney abspielt. Kurgäste, die flanieren und immer auf Contenance bedacht sind, darunter ein paar zwielichtige Adelsangehörige, aber auch Bedienstete, Handwerker und die Arbeiterschicht trifft man hier an.

Mittendrin Viktoria, die ihrem Vater zuliebe auf die Sommerfrische ging. Er hofft, dass sie ihre Meinung ändert und doch noch heiraten will. Aber die mutige und willensstarke Viktoria hält an ihrem Plan fest, im Herbst an einer Reformschule als Lehrerin zu arbeiten. Christian hält sich ebenfalls nicht an die Pläne seines Vaters. Der erwartet, dass sein Sohn seinen Fussstapfen folgt und Schlachter wird, Journalist ist doch kein ehrbarer Beruf. Doch genau das ist Christians Leidenschaft: fotografieren und Berichte schreiben. Auch wenn beide aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten kommen: sie haben dasselbe Ziel und das Herz am rechten Fleck. Beide nicht wortfaul, geraten sie öfters aneinander. Doch die Funken fliegen auch sonst - die Anziehungskraft ist gross.

Nicht nur deshalb darf man auf weitere fesselnde Fälle gespannt sein. Elsa Dix hat mit diesem Krimi-Auftakt eine Nische gefunden, die noch nicht abgedeckt ist. Der Zeitgeist ist gut eingefangen, die Standesdünkel oft humorig beschrieben. Die Szenerie der Sommerfrische ist toll, der angenehme Sprachstil, bei der man als Leser die Gäste im Speisesaal, tortenessend in den Cafés oder badend in ihren Schwimmanzügen bildlich vor sich sieht, überzeugt und macht Lust weitere Fälle zu lesen.

Total nebensächlich, aber total toll sind auch die schönen Kapitelüberschriften.

Fazit: Ein gegensätzliches, aber enorm interessantes Ermittlerpaar vor einer wunderbaren Kulisse des Seebades - davon möchte ich unbedingt mehr lesen. 
5 Punkte.