Klappentext:
Anna Michaelis, Journalistin, 50 Jahre, nimmt ihre Scheckkarte, ihr Handgepäck und geht. Gerade hat sie erfahren, dass ihr Mann, Altphilologe an einem Münchner Gymnasium, sie mit einer jungen Kollegin betrügt. Anna will retten, was zu retten ist, also sich. Doch wohin jetzt? Der erstmögliche Flug bringt sie nach Edinburgh, eine Stadt, in der sie nie war. Und da sie sich in der Fremde immer unter Bildern heimisch gefühlt hat, stolpert sie in die Schottische Nationalgalerie. Während sie müde und irritiert vor einem Gemälde von Gauguin sitzt, beginnt eines der bretonischen Mädchen, plötzlich zu sprechen. Es erzählt, wie es damals war in Pont Aven, als die Maler kamen. Anna staunt und versteht, dass weibliche Rückenfiguren wie jene Frau auf dem Gemälde Gauguins ihr etwas sagen können. Ihr verraten wollen, wie es wirklich war: als Modell, als Ehefrau eines Malers, als Künstlerin. Von da an begibt sich Anna, frisch verlassen, auf eine Reise zu Rückenfiguren in aller Welt: von Edinburgh nach Kopenhagen, weiter bis Boston und zurück auf den Kontinent nach St. Moritz; von dort nach Paris und noch einmal bis ins dänische Skagen. Anna begegnet Gemälden von Paul Gauguin, Vilhelm Hammershøi, Edward Hopper, Giovanni Segantini, Ingres, Jacobus Vrel und Anna Ancher. Über die Antworten der Bilder lernt Anna Michaelis, sich und ihre lange Ehe anders zu sehen, und am Ende weiß sie, dass sie neu beginnen kann.
Auf dieses Buch war ich sehr gespannt. Ich wollte sogar zur Lesung, die am "Zürich liest"-Wochenende stattfinden sollte. Doch ich war verhindert und nach dem Lesen des Buches sogar froh darüber: Das Buch hat mich enttäuscht.
Die Idee, Bilder mit Rückansichten von Frauen sprechen zu lassen, find ich klasse. Das Buch ist bis etwa zum zweiten Bild, zur zweiten Reise recht gut. Doch danach wird das neue Reiseziel nicht mehr wirklich systematisch ausgewählt (die Frau aus dem Bild gab einen Hinweis), sondern extrem konstruiert. So im Sinne von: "Berge? Hhm, erinnert mich an St. Moritz, fahr ich halt mal hin." Ganz zufällig gibt es dort eine Ausstellung… Gähn…
Während die ersten Erzählungen der Bilderfrauen interessant sind, werden sie gegen Schluss belangloser. Trotzdem haben mir diese Erzählungen besser gefallen als die Haupthandlung an sich. Die war ab dem zweiten Bild nur noch langweilig und die Protagonistin macht Dinge, die sie handkehrum ihrem Mann vorwirft. Wenn zwei dasselbe tun ist es halt nicht dasselbe. Dazu meint die Autorin sie müsse alles "sexualisieren", das nervt.
Kann mir jemand sagen, was ein Olm ist/sein soll? Ich kenn den Begriff nur aus der Tierwelt, es ist eine Lurchart. Die Autorin benutzt den Begriff im Buch im Bezug zu einem Mann. Ich hab keine Ahnung was sie damit sagen will.
Die Autorin möchte mit ihrer Sprache ausdrucksstark rüberkommen, aber ich war von den Beschreibungen eher gelangweilt. Die Sprache ist zu bemüht (wie pack ich möglichst viele Fremdwörter in den Text und wie schreib ich möglichst lange Sätze, die nicht wirklich Sinn ergeben?), oft zu gestelzt, v.a. bei den nachträglichen Bildbetrachtungen. "Ein schwindelsanfter Tod" - was ist das? Schwindel empfinde ich nicht als sanft. Aber vielleicht bin ich einfach zu fantasielos.
Ich kannte nicht alle der sieben erwähnten Bilder und so fand ich es sehr schade, dass im Ebook (und soviel ich weiss auch in der Hardcoverausgabe) die erwähnten Bilder nicht abgebildet sind. Ich musste jedes einzeln googeln und so die Lektüre unterbrechen. Wenn das Bild direkt im Text abgebildet wäre, hätte man direkt mitbetrachten können.
Das Buch ist ein Mix zwischen Reise- und Museumsführer, garniert mit einem bisschen Roman, dessen roter Faden zu wenig ausgefeilt ist. Statt an möglichst interessant tönenden Neukreationen von Wörtern hätte die Autorin besser ein wenig mehr in den Inhalt investiert.
Fazit: Kann man lesen, muss man aber nicht.
2 Punkte.