Mittwoch, 7. Juni 2023

Aller Tage Hoffnung von Veronika Rusch (Die Bahnhofsmission 1)

Klappentext:
Berlin, 1908. In der Mission am Schlesischen Bahnhof finden die Verzweifelten, die mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in die Großstadt strömen, Schutz. Hier führt das Schicksal auch zwei junge Frauen zusammen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: die mittellose Abenteuerin Natalie ― und Alice, die aus gutem, großbürgerlichem Hause stammt, sich aber mit der Rolle der behüteten Haustochter nicht zufriedengibt. Gemeinsam helfen sie, wo sie nur können. Dabei ist Natalies zupackende Art Gold wert, denn die Menschen vertrauen ihr. Doch bald zeigt sich, dass nicht alle mit dem wohltätigen Tun einverstanden sind. Irgendjemand sieht seine Geschäfte mit den Schutzbedürftigen gestört.


Zu diesem Buch griff ich nur aus einem Grund: weil ich Veronika Ruschs Bücher meistens sehr gerne mag. Das Cover und der Titel haben mich hier aber gar nicht gereizt. Das Lesen des Romans hab ich deswegen auch immer hinaus geschoben. Das hätte ich mir aber sparen können - ich sollte es besser wissen - denn es ist kein gewöhnlicher historischer Roman, sondern fast eher ein Krimi. Der stark an die Hafenärztin-Reihe von Henrike Engel erinnert, die ja in etwa derselben Zeit spielt. Wer diese Reihe gerne gelesen hat, sollte auch zur "Bahnhofsmission" greifen - die wird euch auch gefallen!

Natalie Castellana arbeitet in der Bahnhofsmission am Schlesischen Bahnhof in Berlin. Mit vielen Freiwilligen kümmert sie sich um junge Frauen, die von überall her nach Berlin kommen um hier zu arbeiten - aber allzu schnell in falsche Hände geraten.

Die junge Alice möchte Ärztin werden, doch ihr Vater, ein bekannter Berliner Arzt, lässt das nicht zu, auch nicht, dass sie Krankenschwester wird. Sie sucht noch immer nach einem Weg ihren Traum zu erfüllen, als sie bei der Rückkehr aus Küstrin ein Mädchen im Zug kennenlernt und bei der Ankunft eine Mitarbeiterin der Bahnhofsmission sieht und auf eben diese aufmerksam wird. 

Während der gleichen Bahnfahrt lernt Alice einen feschen Offizier kennen. Und plötzlich kann sie sich das Heiraten doch vorstellen - mit einem Mann, der offen gegenüber einer arbeitenden Ehefrau erscheint. Alice Schwester Constanze ist bereits verheiratet, mit einem Arzt. Constanze hat ein Flair für Mode und Stoffe, und weiss immer etwas zu erzählen, doch die gemeinsamen schönen Kindertage sind für beide vorbei. 

Die Geschichte entwickelt sich sehr schnell. Nach den ersten Seiten dachte ich, es würde brutal und dunkel, doch dem war nicht so, einige düstere Dinge passieren zwar, aber es wird auf eine angenehme Art und Weise das Düstere leichter gemacht und schneller erzählt. 

Da Nathalie einen Mann beobachtet, den sie am Bahnhof noch nie gesehen hat und der sicherlich nichts Gutes im Sinn hat, dies auch noch von der Obdachlosen Baba bestätigt wird, wird Nathalie aktiv und reaktiviert ihre alten Kontakte. Mit der Suche nach diesem Mann geht die Story in einen Spannungsroman über.

Das mochte ich sehr, grosse Spannung und schnelles Tempo. Daneben bekommt man auch einiges über die Gründung und Arbeit der "Bahnhofsmission" mit, was ich interessant fand. Gut dargestellt empfand ich auch die Charaktere, die aus verschiedenen Gesellschaftsschichten kommen und sich alle mit anderen Lebensthemen arrangieren müssen. Die einen sind zufrieden, so wie es ist, andere wollen Veränderung, andere tun auch etwas für die Veränderung. Insbesondere viele Frauen, die sich für Menschen- und Frauenrechte einsetzen. 

Ich weiss gar nicht, wen ich lieber mochte: Nathalie oder Alice. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Und beide handeln schnell, manchmal vorschnell, ohne die Folgen ihrer Alleingänge zu bedenken. Baba ist eine interessante Figur, die sich entwickelt und ihre Kraft wieder findet. Und um nicht nur Frauen zu nennen: auch Kriminalkommissar Hirschfeld und, ja, sogar Maxim fand ich toll. 

Ein bisschen zu zügig vonstatten ging mir die "Lovestory" zwischen Alice und Heinrich. Auch bei einigen anderen Dingen nimmt es mich Wunder, wie es weitergeht - kennt ihr das, wenn ihr ein Buch zu Ende gelesen habt und eigentlich ist alles gesagt und geschrieben, aber ihr wollt doch wissen, wie es nach dem Roman weiterging? So geht es mir hier in "Aller Tage Hoffnung".

Zum Glück ist "Die Bahnhofsmission" als Zweiteiler geplant. Der zweite Band "Eines Menschen Leben" erscheint Ende Februar 2024. Der wird garantiert nicht so lange auf meinem SuB liegen bleiben wie der vorliegende Band und hoffentlich meine Neugier über die verbliebenen Figuren stillen.  

Fazit: Temporeicher historischer Spannungsroman mit interessanten Themen. Ich freu mich auf die Fortsetzung!
4 Punkte. 


Reihenfolge:
Band 1: Alle Tage Hoffnung
Band 2: Eines Menschen Leben (ET 29. Februar 2024)

2 Kommentare:

  1. Danke, für die schöne Rezension auf die ich schon voller Spannung gewartet habe. Das Buch liegt schon eine kleine Weile auf meine WuLi, nur so richtig kann ich mich nicht entscheiden, ob ich es lesen möchte oder doch nicht. So hoffte ich, das Deine Rezension dazu beitragen könnte, mich zu entscheiden. So richtig schlauer bin ich jetzt immer noch nicht. Zu mal mich mal wieder der angekündigte 2. Band stört, können denn Alle nicht mehr nur ein Buch zu einem Thema?
    Liebe Grüße
    maiglöckchen

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    1. Liebe maiglöckchen
      vielleicht war der zweite Band eh schon geplant, oder die Autorin merkte während dem Schreiben, dass sie noch mehr zu erzählen hat, weswegen ein zweiter Band angehängt wurde. Immerhin sind es "nur" zwei Bände und nicht mehr ;-)
      Du kannst aber auch nur diesen Band lesen, er ist abgeschlossen in sich, bis auf ein "Detail". Dazu nicht mehr zu erfahren, damit könnte man gut leben, ohne das Gefühl zu haben, man würde etwas verpassen wenn man nicht weiter liest.
      Aber, ich denke, "Aller Tage Hoffnung" wird dir gefallen, dich wird hier auch nicht mehr stören als mich :-)
      Liebe Grüsse
      Anya

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