Brot backen ist fast wie ein Tanz. Teig wird rhythmisch geknetet, die Drehung der Hände, der Schwung der Hüfte geben ihm Geschmeidigkeit. Fasziniert beobachtet die ehemalige Tänzerin Sofie den italienischen Bäcker Giacomo bei seiner Arbeit. Eigentlich wollte sie den Aushilfsjob in der Dorfbackstube gleich wieder kündigen. Zu sehr hat das Ende ihrer Karriere ihr Leben aus der Bahn geworfen. Wer ist sie, wenn sie nicht tanzt? Wer wird sie lieben, wenn sie nicht mehr auf der Bühne strahlt? Doch überraschend findet Sofie in der kleinen Bäckerei viel mehr als nur eine Beschäftigung: die Weisheit eines einfachen Mannes, das Glück der kleinen Dinge und den Mut zur Veränderung.
Nach all dem Lob für "Der Buchspazierer" war ich sehr gespannt auf "Der Geschichtenbäcker". Leider wurde ich enttäuscht.
Protagonistin Sofie kann nicht mehr als Ballerina arbeiten, ihr wurde nach einem Unfall gekündigt. Damit kann sie nicht umgehen und sie hat nichts verarbeitet. Tänzerinnen, die sich noch nie überlegt haben, was sie nach ihrer Karriere machen, sind weltfremd und wirken absolut arrogant. So kommt Sophie für mich auch rüber. Nun soll sie sich eine neue Arbeit suchen, sonst wird ihr das Arbeitslosengeld gekürzt. Deshalb bewirbt sie sich für die ausgeschriebene Stelle in einer Bäckerei ganz in ihrer Nähe - und will nach drei Tagen wieder aufhören, sie hätte sich dann ja bemüht.
Doch Bäcker Giacomo bäckt nicht nur Brot, er knetet seine ganze Weltsicht in den Teig. Sofie spürt das, doch sie kann sich nicht öffnen und ist längst nicht bereit für ein neues Leben abseits der Bühne. Ihr Mann Florian liebt sie, zeigt das und gibt sich jegliche Mühe. Doch Sofie blockt ab.
Sofies Art fand ich sehr anstrengend, ich mochte sie nicht. Sie ist extrem egoistisch, denn sie lässt alle an die Wand fahren, allen voran Florian. Die Geschichte wäre für mich glaubhafter gewesen, wenn Sofie sich ihm richtig mitgeteilt hat - seine Bemühungen schätze sie zwar, brauche es aber im Moment nicht, weil sie erst mit sich selbst im Reinen sein muss. Sowas in der Art. Der ganze Erzählstrang um Sofie, Florian uns ihrer Nachbarin Marie hat mir nicht gefallen. Auch die Sache mit ihrer Nichte, die anfangs noch zum Schmunzeln war, wurde überbeansprucht.
Die Geschichte rettet zum Glück Giacomo, der wahre Held in diesem Roman. Er und die Verkäuferin Elsa haben zwar auch einige Ecken, aber die kann man nachvollziehen. Die Leidenschaft und Lebensgeschichte von Giacomo aus Kalabrien fand ich eindrücklich. Die Szenen in der Bäckerei sind sehr schön erzählt, ebenso gefiel mir der Bezug zu den italienischen cantautori.
Fazit: Für mich hätte "Der Geschichtenbäcker" ohne Sofie viel besser funktioniert. Und nur weil ich den Bäckerei-Strang gut mochte, gibt es 3.5 Punkte.
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