Sonntag, 12. Oktober 2025

Histo: In uns der Ozean von Theresia Graw

Klappentext:
Rachel will nur eins: Für immer am Meer leben und forschen. Doch 1929 verliert ihre Familie alles, Rachel muss ihre Promotion abbrechen und für ein Einkommen sorgen. Statt in der Wissenschaft zu arbeiten, schreibt sie Geschichten fürs Radio, bald veröffentlicht sie ihr erstes Buch. Die Leser lieben, wie sie die Natur in ihren Texten lebendig werden lässt. Als ihr auf einem Spaziergang ein toter Vogel vor die Füße fällt und sie wahrnimmt, wie die Welt um sie herum verstummt, beginnt sie zu recherchieren: Was hat es mit dem Wundermittel DDT auf sich, das neuerdings in allen Wäldern, Wiesen und Feldern versprüht wird? Wenn die Insekten ausgerottet werden, wie lange gibt es dann noch Vögel? Rachel weiß: In der Natur hängt alles mit allem zusammen. Und wenn sie ihre Recherchen veröffentlicht, dann sticht sie in ein Wespennest.


Theresia Graw schreibt in "In uns der Ozean" über das Leben von Rachel Carson, oft Ray gennant, eine Meeresbiologin und Schriftstellerin, geboren 1907. Graw zeichnet ein grossartiges Bild einer beeindruckenden Frau, die ihr Privatleben aufgab, für ihren Drang, Gutes zu bewirken. In jeder Zeile spürt man Rachels Liebe zu kleinen Dingen, ihre Begeisterung und Dankbarkeit. 

Aufgrund der Familienverhältnisse muss Rachel das Forschungsinstitut verlassen und arbeitet fortan bei der Fischereibehörde, schreibt dort Texte für das regelmässig erscheinende Heft und kann bald darauf Geschichten für eine Radiosendung schreiben, in denen sie Hintergrundwissen lebendig erzählt. An dieser Arbeitsstelle lernt sie Dan Evans kennen, die beiden mögen sich, auch er nimmt die Welt durch Poesie und mit Liebe wahr. Leider aber entpuppt auch er sich als Mann seiner Generation, dessen Ehefrau zuhause sein und nicht arbeiten soll. Als sie später seine Stelle als Junior Meeresbiologin übernehmen kann, bleibt sie trotzdem Mitarbeiterin zweiter Klasse, indem ihr zum Beispiel Forschungsreisen verwehrt werden. 

Später wird sie zudem freie Journalistin für Daily Sun und als es ihr endlich gelingt, ein wichtiges Naturbuch bei einem renommierten Verlag zu veröffentlichen, ist sie überglücklich, doch nur fünf Wochen später folgt der geschichtsträchtige Angriff auf Pearl Harbor und ihr Buch wird nicht mehr ge- und verkauft. Rachels Leben wird geprägt von Wirtschaftskrisen, Angriffen und Kriegen. 

Sie kämpft vor allem gegen das Insektizid DDT und macht den Menschen klar, dass Fortschritt teilweise auch furchtbare Folgen haben kann - "Fortschritt ist nicht "grösser, schneller, billiger", sondern klüger zu werden." - und wahre Wissenschaft immer auch nach den Folgen fragt. Was bei den ersten, wenigen Studien zu DDT sträflichst vernachlässigt wurde. 

Ausgehend von einem bevorstehenden TV-Interview im Jahre 1963 wechselt der Roman in Rachels Vergangenheit und kommt immer wieder in die Gegenwart, aber immer nur für kurze Szenen vor dieser wichtigen TV-Sendung, zurück, bis sich dann alles zusammenfügt. 

Rachel, mittlerweile an Magenkrebs erkrankt, mobilisiert ihre eigenen Kräfte, damit sie gegen ihren Erzfeind argumentieren kann. Diese Sendung stellt sich als Höhe- und Wendepunkt ihres Kampfes heraus, sie gewinnt mit ihrem Auftritt an Gehör für diese wichtige Sache. Erst Präsident Kennedy setzt sich aufgrund der TV-Sendung für bessere Studien ein, ein Verbot für DDT erfolgt 1972 - acht Jahre nach Rachels Tod. 

Doch auch Rays Privatleben spielt eine grosse Rolle in diesem Roman, der aus ihrer Sicht geschrieben ist. Erst sorgt sie für ihre Familie, adoptiert dann ihre Nichten, später den Sohn ihrer Adoptivtochter. Sie selbst kommt dabei jahrelang zu kurz, bis sie jemanden kennenlernt, doch diese Verbindung darf nicht sein. 

Es ist auch eine Geschichte über sich ändernde Lebenspläne aufgrund der äusseren Umstände. Immer wieder hadert Rachel damit, denn Rachel liebte die Forschung, eigentlich aber auch das Schreiben. Als sie die Forschung aufgeben musste, war sie sich nicht im Klaren darüber, dass sie mit ihrer Erzählstimme und ihren Büchern schlussendlich womöglich viel mehr bewirkte als als Forscherin. "Ich möchte forschen, ich möchte schreiben, mit Geschichten berühren und aufrütteln." Das ist ihr auf jeden Fall gelungen! 

Mich erinnerte das Buch stark an den Film "Erin Brokovich". Wem der Inhalt dieses Filmes gefallen hat, begeistert sich auf jeden Fall auch für "In uns der Ozean". 

Von der ersten Seite an war ich gepackt von dieser intensiven Geschichte über diese unglaublich starke Frau. Genau wie es Rachel Carson mit ihren Büchern bewirkte, schafft es auch Theresia Graw uns das Leben und der Einsatz von Rachel Carson nahe zu bringen, mit einer unglaublichen Tiefe. 

Fazit: Grossartige Story über eine starke Frau, äusserst feinfühlig erzählt. Ein Lese-Highlight! 
5 Sterne.




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