Dieser Roman lag schon länger auf meiner Merkliste, nun habe ich es endlich geschafft ihn zu lesen. Geschafft - bin auch ich, das war zeitweise echt ein richtiges Durchbeissen. Und zwar nicht wegen dem gewöhnungsbedürftigem schnellen Schreibstil, auch nicht aufgrund dem oft eingestreutem Jiddisch (das ich recht gut verstehe) oder den unzähligen Regeln und Ritualen (die mir bekannt sind), die Menschen in Suries ultraorthodoxer Gemeinde befolgen, sondern leider aus anderen Gründen. Da ich meine Kritik benennen möchte und sie nicht umschreiben kann, gibt es an dieser Stelle einen Spoileralarm.
Nein, das Obengenannte machte mir nichts aus, aber mit Protagonistin Surie wurde ich erstens nicht warm und zweitens fand ich, dass Autorin Goldie Goldbloom viel zu viel reinschmiss in ihren Plottopf. Zu viele Köche/Themen verderben den Brei/Roman. Zudem waren sämtliche Charaktere nicht greifbar und jedes aufgenommene Thema ein Drama für sich - das war ein Fass ohne Boden.
Nein, es reichte nicht, dass Surie nach 13 Jahren mit 57 Jahren nochmals schwanger wird, es musste auch gleich eine Schwangerschaft mit Zwillingen plus ein vor wenigen Jahren überstandener Brustkrebs samt beidseitiger Brustamputation mit drin sein. Es reichte auch nicht, dass unter ihren zehn Kindern die älteste Tochter, die mit ihren Kindern im selben Haus lebte, anscheinend frommer war als ihre Eltern und ausschliesslich in Suries Gedanken garantiert kein Verständnis für die erneute Schwangerschaft habe (wie sämtliche Nachbarn und Frauen in der Gemeinde angeblich auch nicht, alles nur in Suries Kopf).
Dann noch der eine Sohn, der sich im falschen Körper fühlte und wegzog. Das Verständnis für Menschen wie ihn ist in ihrer Gemeinde nicht vorhanden und so muss auch Surie ihn totschweigen. Tot, das ist er seit mehreren Jahren, da er sich nicht verstanden fühlte und sein Leben selbst beendete - gleich nochmals ein Sakrileg. Trauern um ihn durfte Surie nicht. Jetzt bricht das alles aus ihr heraus, bzw. eben nicht, denn sie behält alles für sich selbst, macht alles mit sich selbst aus und getraut sich nicht, sich irgendjemandem zu öffnen, auch nicht ihrem Mann, obwohl er als liebevoller und verständlicher Mensch beschrieben wird und die Liebe auch nach 49 Jahren noch vorhanden ist. In ihr brodelt es wie in einem Vulkan. Oder wie in einem Wal, der bald zu explodieren droht. Sorry für diesen Vergleich, aber extremst übergewichtig sei Surie halt auch, wie es immer wieder und wieder erwähnt wird. Gähn.
Das Gären in ihr wird seitenweise erzählt. Auch dies viel zu oft. Thematisch war das aber noch längst nicht alles, da kam unter anderem auch ein minderjähriges Mädchen aus ihrer Gemeinde ins Spiel, das Surie im Spital trifft. Meiner Meinung nach hat sich die Autorin total verzettelt.
Die Geschichte hätte auch nur mit einem einzigen Thema funktioniert, sogar viel besser. Zum Beispiel Suries Kontakt mit der Hebamme und ihrem Annähern an medizinisches Wissen. Dieser Austausch und das Erklären beiderseits (Wissen auf der einen, Rituale und Regeln auf der anderen Seite) hätte für ein bisschen Verständnis und ein gegenseitiges Annähern gesorgt, das in der heutigen Zeit notwendig wäre. So ein Roman hätte sicher auch einen Mehrwert für Aussteigerinnen aus Suries und anderen engen Gemeinden gehabt.
Das gelang hier leider gar nicht, denn obwohl ein minimaler Ansatz vorhanden gewesen wäre, war schlicht kein Platz für mehr davon. Deswegen leider kein Lesevergnügen, da die Autorin "Eine ganze Welt" zwischen die Buchdeckel pressen wollte.
Fazit: Eine viel zu überladene, düstere und zu dramatische Geschichte und deshalb nur 2 Sterne.
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