London 1940: Als ihr geliebter Ehemann an die Front muss, beschließt Daisy, dem Beispiel ihrer Mutter Ivy zu folgen und als Gärtnerin in den Kew Gardens zu arbeiten. Genau wie Ivy geht auch Daisy ganz in der Gartenarbeit auf und findet Freundinnen fürs Leben: Louisa, die schon im letzten Krieg gemeinsam mit Ivy hier gearbeitet hat, und Beth, die von einem Medizinstudium träumt und sich für Heilpflanzen interessiert. Gemeinsam legen die Gärtnerinnen einen Schrebergarten an, um den Menschen zu zeigen, wie sie selbst Obst und Gemüse anbauen können, und säen Hoffnung in einer dunklen Zeit.
Etwa zwanzig Jahre nach den Geschehnissen in Band 1 ("Die Gärtnerinnen von Kew Gardens") ist dieser zweite Band angesetzt. Ivys Tochter Daisy weiss nichts mit sich anzufangen, nachdem ihr frisch angetrauter Ehemann Rex einberufen wird. Sie entscheidet sich, sich in Kew Gardens zu melden, um dort zu arbeiten. Dort soll sie zusammen mit Beth einen Schaugarten errichten, als Vorbild für die Einwohner Londons, die so sehen, wie sie auf kleinstem Raum eigenes Gemüse anbauen können.
Krankenschwester Beth hat sich eigentlich auf eine andere Anzeige gemeldet. In Kew Gardens werden Ärzte und medizinische Angestellte gesucht, um Medizin herzustellen. Da Beths Vater, ein stadtbekannter Arzt, Beth verbietet Medizin zu studieren, *das ist nichts für Frauen*, hofft sie, in Kew Gardens angenommen zu werden, um auf diesem Wege ihrem grossen Traum näher zu kommen und später doch noch studieren zu können. Im Spital lernt sie den jamaikanischen Arzt Gus kennen, der es vor Kriegsbeginn nicht mehr nach Hause schaffte, nun aber wegen seiner Hautfarbe nicht als Arzt arbeiten darf, *die Patienten könnten verstört werden*, nur in der Apotheke. Er hat sich auch auf die Anzeige beworben und wird in Kew genommen. So haben beide zwei Arbeitsplätze, im Spital und in den Gärten, und begegnen sich daher oft. Aber immer noch viel zu wenig, aus Beths Sicht gesehen.
Während Teddy sich auf dem Land um Platzierungen für evakuierte Kinder kümmert, ist seine Frau Louisa, Daisys Patentante, unruhig, sie möchte in den Kriegsjahren etwas Sinnvolles tun, und so weckt auch dieselbe Anzeige, die Beth gesehen hat, ihr Interesse.
Posy Lovell (ein Pseudonym der britischen Autorin und Journalistin Kerry Barrett) knüpft mit den "Töchtern" an die "Gärtnerinnen" an und auch diese Geschichte hat sie grossartig erzählt. Hier erzählt sie nicht nur vom Leben in der Stadt zur Kriegszeit, sondern auch vom Landleben. Erzählt von den jeweiligen Problemen, ebenso wie die Bevölkerung sich an kleinen Dingen erfreuen konnte. Sie lässt aber auch nichts aus, die Bedrohung von Bombenangriffen und das Leid, das damit verbunden ist, zum Beispiel. Aber sie schreibt auch über Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Frauen oder Menschen aus anderen Ländern, über Verzweiflung, Mut und Mitgefühl.
Eigentlich lese ich nur noch selten Romane, die zur Kriegszeit spielen, viele ähneln sich irgendwie ja doch. Doch diese zwei "Kew Gardens"-Romane sind eine grosse Ausnahme, sie behandeln Themen, die bisher noch nicht oft erzählt wurden. Der Schauplatz, die Kew Gardens im südwestlichen Teil von London, bestehen seit 1759 und gehören heute zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Ich fand es toll, wie die Autorin aufzeigt, wie wichtig das Gärtnern und Pflanzen auch, besser gesagt, besonders während einem Krieg ist. Die Bevölkerung wurde in London anschaulich animiert, selbst Gemüse anzupflanzen, damit sie bei Lebensmittelknappheit etwas Frisches zu essen haben und auf dem Land werden Pflanzen zur Medizinherstellung angesäet und gesammelt. Eine wichtige Beschäftigung zum Beispiel auch für Kinder, die durchaus auch therapierend wirken kann.
"Die Töchter von Kew Gardens" ist eine sehr berührende, emotionale und den damaligen Zeitgeist umfassende Geschichte. Besonders gefiel mir, dass es auch hier wieder Szenen gab, die in und neben der St. Anne's-Kirche spielen. Die Figurenzeichnung ist der Autorin wie schon in Band 1 hervorragend gelungen. Die Freundschaft zwischen Daisy und Beth entwickelt sich nur langsam, aber sehr glaubhaft, denn am Anfang sind beide noch in ihren eigenen Problemen gefangen und haben Mühe sich zu öffnen. Doch am Ende wissen sie, dass sie sich in jedem Fall aufeinander verlassen können.
Spätestens wenn ich erneut mal wieder nach London reise, werde ich beide Bände nochmals lesen, und zwar direkt hintereinander. Zum Verständnis ist es zwar nicht nötig, den ersten Band gelesen zu haben, ich kann es aber nur wärmstens empfehlen. Ich glaube, man mag die Geschichte um Beth und Daisy noch mehr, wenn man die von Louisa und Ivy bereits kennt - es liegt an den kleinen Details, die Louisa und Ivy zu den Frauen machten, die sie jetzt sind, und ihre Erfahrung, die sie an die nächste Generation weiter geben und hier bei den "Töchtern" sichtbar werden.
Schade finde ich nur, dass die Cover so blass und wenig aussagekräftig gestaltet sind. Wären im Titel nicht die Kew Gardens erwähnt, hätte ich dem ersten Band (und somit auch diesem zweiten) keinen Blick geschenkt und hätte somit zwei Lese-Highlights, an die ich noch öfters denken werde, verpasst.
Fazit: Grossartig erzählte Geschichte über Frauen und Männer, die sich auf eine ruhige, aber doch aktive Art und Weise im zweiten Weltkrieg eingesetzt haben.
5 Punkte.
Reihenfolge:
Band 1: Die Gärtnerinnen von Kew Gardens
Band 2: Die Töchter von Kew Gardens
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